Was ist mit Wald und Landwirtschaft?
Im Dezember 2019 hat sich die Europäische Union auf eine sogenannte Taxomie geeinigt, um VerbraucherInnen und InvestorInnen eine Orientierungshilfe zu geben und Standards für die Ausgabe von Green Bonds zu setzen. Diese ist dringend nötig, weil der Markt für grüne Geldanlagen boomt. So schreibt das Handelsblatt: „Die Green-Bond-Neumissionen steigen Jahr für Jahr. Nach Angaben des Internationale Währungsfonds (IWF) bestehen etwa ein bis zwei Prozent des globalen Kapitalmarktes aus Produkten, die nachhaltig ausgerichtet sind. Europa macht dabei etwa die Hälfte des grünen Finanzmarktes aus.“
Harry Assenmacher, ForestFinance-Gründer und Geschäftsführer, kommentiert den wichtigen EU-Beschluss.
Was ist ein „nachhaltiges“ Finanzprodukt? Das EU-Parlament und der Ministerrat geben jetzt eine Definition vor: Nachhaltig darf sich ein Finanzprodukt nennen, wenn es dem Klimaschutz dient, ohne gleichzeitig in anderen Bereichen umweltschädlich zu sein (Do-no-harm-Principle). Die Entscheidung hat durchaus Bedeutung, dient sie doch Banken und auch Staatsfonds als Richtschnur für Anlageentscheidungen (Stichwort Dekarbonisierung). So hat die Europäische Zentralbank (EZB) bereits angekündigt, die entsprechende Klassifizierung anzuwenden. So gesehen ist die EU-Entscheidung ein großer Fortschritt. Kohle fällt damit zum Beispiel aus dem Bereich des „Nachhaltigen“ heraus.
Dass diese Art der Klassifizierung aber auch Probleme mit sich bringt, zeigt die lange Debatte um die Atomkraft. Erst nach längerem Ringen wurde auch sie als nicht nachhaltig eingestuft.
Für den Forstbereich dürfte die Frage zu klären sein, ob beispielsweise Monokulturplantagen „nachhaltig“ sind. So speichern Eukalyptus-Baumwüsten zweifellos CO2 und nutzen dem Klimaschutz – aber sie schädigen Boden, Wasserhaushalt und Biodiversität.
Die gleiche Frage stellt sich auch für bestimmte landwirtschaftliche Produktionsformen, die ebenfalls häufig über Geld-Anlageprodukte finanziert werden. So dient eine „biologisch“ bewirtschaftete Avocado-Großplantage in Südafrika oder Peru – die enorm viel wertvolles Wasser verbraucht – zwar vielleicht der vegetarischen Lebensweise, schadet aber durchaus der Umwelt. Von der so umweltfreundlichen Elektromobilität und deren Auswirkungen auf die Rohstoffindustrie in Afrika und Südamerika (Stichwort Lithium) ganz zu schweigen. Man darf gespannt sein, was künftig neben dem Bio-Siegel auch ein Nachhaltigkeits-Zeichen bekommt. Und damit auch Zugang zu Finanzierung.