Halal investieren – was bedeutet das?

Wussten Sie, dass sich das islamische Glaubensrecht nicht nur auf Lebensmittel, sondern auch auf viele weitere Verhaltensweisen, Geschäfte und Bereiche des Lebens bezieht – zum Beispiel auch auf Investitionen?

Die muslimische Bevölkerung wächst weltweit – und damit auch ein Islam-konformer Finanzmarkt. Was das bedeutet und was es heißt, „halāl“ zu investieren, erklären wir Ihnen heute in diesem Beitrag.

halal investieren

Der Koran bestärkt Musliminnen und Muslime darin, Gutes zu tun – auch im Bereich der Geldanlagen. Foto: mart.production

Inhalt

  1. Vielfalt in Deutschland
  2. Zwei wichtige Worte: halāl und haram
  3. Wann ist ein Investment halal?
  4. Islamic Finance – ethische Grundsätze für den Finanzmarkt

Vielfalt in Deutschland

Deutschland hat gerade in den letzten Jahren an religiöser und kultureller Vielfalt gewonnen, vor allem durch die Zuwanderer aus muslimischen Herkunftsländern. Heute leben zwischen 5,3 und 5,6 Millionen Muslime in Deutschland. Die Türkei ist weiterhin immer noch wichtigstes Herkunftsland, jeder zweite Muslim kommt aber inzwischen aus anderen Gebieten – dem nahen Osten, Süd- und Südostasien, oder Afrika zum Beispiel. Der Islam ist somit nach dem Christentum die Religion mit den meisten Gläubigen in Deutschland. Dementsprechend hoch ist auch die Nachfrage für Produkte und Dienstleistungen, die mit den Glaubenssätzen des Islam vereinbar sind. 

Dass Schweinefleisch und Alkohol im islamischen Glauben verboten sind, ist mittlerweile gut bekannt. Was für Muslime erlaubt und verboten ist, steht in den islamischen Rechtsquellen, dem Koran und der Sunna, beschrieben. Wenn zum Beispiel neue Lebensmittel auf den Markt kommen oder Produktionsmethoden sich verändern, interpretieren islamische Rechtsgelehrte diese Texte im Kontext unserer Zeit und beantworten Fragen zu den Ernährungsvorschriften. Das gilt aber nicht nur für Lebensmittel, denn die islamischen Glaubensvorschriften decken weit mehr Lebensbereiche ab, als nur die Ernährung: Bekleidung, Gebete, alltägliche Verhaltensweisen zum Beispiel – und natürlich Finanzen.

Zwei wichtige Worte: „halāl“ und „haram“

Der arabische Begriff „halāl“ ist eng verknüpft mit dem muslimischen Glauben. Ins Deutsche übersetzt, bedeutet „halāl“ soviel wie „rein“ oder „erlaubt“. Was halal und was haram ist, steht in der Scharia, der Gesamtheit der islamischen Gesetze. Halal sind also alle Lebensweisen, Handlungen und Nahrungsmittel, die nach islamischem Recht erlaubt sind. Als haram dagegen wird alles bezeichnet, was im islamischen Glauben verboten ist.

Die beiden Begriffe stammen aus den sogenannten Al-Ahkām al-chamsa, einem Konzept der islamischen Rechtswissenschaft, das zur Bewertung menschlicher Handlungen verwendet wird. Neben halal (erlaubt) und haram (verboten) gibt es die Kategorien fard oder wāǧib (obligatorisch), mandūb (empfohlen) und makrūh (verpönt).

Damit sich Muslime im Dschungel der Produkte und Dienstleistungen zurecht finden, gibt es, ähnlich dem Bio-Siegel oder jüdischen Kosher-Siegeln für Lebensmittel, sogenannte Halal-Zertifikate im Handel.

Bäumchen wächst aus einem Glas voller Münzen. Halal Investieren.

Nur echte Werte wachsen: Im islamischen Recht gilt Geld als „unfruchtbar“. Foto: lovelyday12

Halal investieren – Wann ist ein Investment halal?

Der Umgang mit Geld hat einen besonderen Stellenwert im islamischen Glauben und wird ebenfalls von zahlreichen Geboten gedeckt. Bekannt sind vor allem die zakāt, die für Muslime verpflichtende Abgabe eines bestimmten Anteils ihres Besitzes an Bedürftige und das ribā-Verbot: die Erhebung und Auszahlung von Zinsen. Muslimen ist es weder erlaubt, Zinsen zu verlangen, noch zu zahlen – dies schließt verzinste Kredite oder Hypotheken mit ein.

Grundsätzlich darf nichts gehandelt werden, das keinen realen Gegenwert hat. Geld wird im islamischen Recht als reines Tauschmittel angesehen und als „unfruchtbar“ betrachtet. Für den Finanzbereich heißt das für gläubige Musliminnen und Muslime: viele Vermögenswerte und im Westen beliebte Handelsstrategien, wie zum Beispiel Leerverkäufe, Derivate oder Termingeschäfte, sind für sie verboten.

Auch Beteiligungen an Unternehmen, die Kontakt mit Glücksspiel, Schweinefleisch, Alkohol, Tabak oder Waffen haben, sind untersagt. Gleiches gilt für Wetten und Spekulationen: Das Verbot gharar bezieht sich sogar ganz explizit auf finanzielle Spekulation und ungewisse Geschäfte. Dass eine Investition als halal bezeichnet werden kann, setzt also zuallererst einmal voraus, dass Anleger:innen so viel wie möglich über die Anlageprodukte und ihre Funktionsweise wissen – Transparenz ist das Stichwort. Erst dann ist es nämlich überhaupt möglich zu beurteilen, ob die Anlage mit den islamischen Grundsätzen vereinbar ist.

Glückspiel und Wetten sind nach islamischem Recht verboten.

Im Gegensatz zum Zinsverbot ist gharar nicht genau definiert. Fest steht allerdings: Geschlossene Verträge sollten keinerlei Unklarheiten und Unsicherheiten enthalten. Ein gewisses Maß an Ungewissheit und Risiko wird im Geschäftsleben jedoch als unvermeidlich angesehen und daher akzeptiert. Sind aber die Risiken und Unsicherheiten so groß, dass man bereits in die Nähe von Wetten oder Glücksspielen kommt, ist der Handel verboten.

Auch im Bereich der Finanzen gibt es mittlerweile zahlreiche Zertifizierungssysteme, die dem Verbraucher helfen sollen, sich zurecht zu finden. Halal-Zertifikate werden gegen eine Gebühr von anerkannten Zertifizierungsstellen ausgestellt und richten sich beispielsweise nach dem Regelwerk der sogenannten „Sharia Standards“ der Accounting and Auditing Organisation for Islamic Financial Institutions (AAOIFI).

Das islamische Finanzwesen verbietet also weder Geldverdienen noch Investments und Geldanlagen, sondern legt einfach einerseits einen Schwerpunkt auf Ethik und Gerechtigkeit und verbietet andererseits gewinnorientierte Spekulationen ohne reale Werte. Denn im Grunde basiert der Islam auf den Grundsätzen der sozialen Gerechtigkeit – dazu gehört auch, dass Finanzmittel nachhaltig, sozial und zum Aufbau von Gemeinschaften genutzt werden sollen.

Islamic Finance – soziale Grundsätze für den Finanzmarkt

Der weltweite islamische Finanzmarkt wird auf derzeit knapp 1,5 Billionen Dollar geschätzt, mit steigender Tendenz. Die Juristin Sabine Machhausen hat in Ihrer Dissertation die Finanzprodukte auf diesem Markt unter die Lupe genommen. Sie stellt im Vergleich zu anderen nachhaltig ausgerichteten Finanzprodukten fest, „dass die Schnittmenge mit allgemeinen ethischen oder moralischen Grundsätzen so groß ist, dass religiöse Unterschiede in den Hintergrund treten“. Kann halal zu investieren also auch zum Vorbild für den Westen werden?

Das islamische Recht ist in seinen Grundsätzen auf Gemeinwohl ausgerichtet – und fordert so auch den konventionellen und oft ausschließlich gewinnorientierten Finanzmarkt heraus. Unter einer ganzheitlichen Betrachtung der dem islamischen Finanzwesen zugrunde liegenden Prinzipien, so Machhausen, wäre eine Banken- und Schuldenkrise, wie sie heute in Europa noch andauert und sich ausbreitet, kaum möglich. Nachhaltige und gemeinwohlorientierte Investments, statt schnellen Renditen mit hohem Risiko – die Prinzipien von Islamic Finance seien schlicht die Grundlage für ein soziales Miteinander.

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Wichtige Hinweise: Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen. Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen.

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