Ein Kommentar
von Harry Assenmacher
Nachlese und Vorschau 2020/2021/2022
Erinnern Sie sich: Die Neujahrsansprache eines Bundeskanzlers ist im Folgejahr nochmals gesendet worden. Und kaum jemand hat es bemerkt. Ein Jahr war eben wie das andere. Ein ähnliches Gefühl beschleicht einen, denkt man 2021 zurück. War das nicht irgendwie so wie schon 2020 – nur mit Impfstoff und Wahlen?
Der Rückblick auf 2021 kann kurz ausfallen, wie im Telegram(m)stil:
Winter – hart mit vielen Opfern und Warten auf einen Impftermin. Ansonsten Lockdown – hart, medium und light. Ach ja, direkt zum Start – Brexit. Frühjahr: Impfen was das Zeug hält. Erwartung im Sommer ist weitgehend „Corona durch“. Sommer – schön. Selbst Querdenker pausieren – sich nicht impfen zu lassen, erspart einen Termin. Niedrige Zahlen.
Nur – noch ist nicht alles wieder „normal“, weil: In anderen Ländern hinken sie hinterher und na ja, irgendwie stockt es mit Chiplieferungen. Deutsche gewöhnen sich wieder an Wartezeiten für das neue Auto und daran, dass allerlei Dinge im Baumarkt plötzlich nicht einfach mehr zu haben sind. Für viele weniger schwerwiegend: Das eine oder andere Grundrecht ist (zu Recht und hoffentlich zeitweilig) eingeschränkt oder außer Kraft. Und: Ach ja – Wahlkampf. „Lustiger“ CDU-Kandidat kichert sich um die Kanzlerschaft, im Ahrtal ertrinken wie in benachbarten Regionen viele Menschen und verlieren ihr Hab und Gut. Der Klimawandel klopft an. In Redaktionen gilt es, schwere Entscheidung zwischen Katastrophen zu treffen: Corona oder Klima?
Im Herbst: Wahlen und Aufwachen. Aber nicht zu eilig. Zapfenstreich. Oh je, Boostern verschwitzt und x-te Welle. Schnell noch vor Jahresende den Weltklimagipfel eingeschoben: Am 1,5-Grad-Ziel wird festgehalten. Das ist ein schönes Ziel, auch wenn so gut wie niemand mehr daran glaubt. Die Natur schon eh nicht mehr, obwohl jetzt Wald ganz besonders gefördert und geschützt werden soll. Muss noch geklärt werden, ob tote deutsche Fichten lieber stehen bleiben oder besser gerodet und Wald neu aufgeforstet werden soll. Natürlich auch, wo im zu schützenden Wald noch Windkraft untergebracht werden kann. Mal sehen, ob die Diskussion Formen annimmt wie zwischen Drosten und Quergedachten. Wird sicher nicht passieren, schließlich hat der neue Kanzler, in der vorherigen Regierung noch Vizekanzler, ein tatkräftiges „Bleiben wir zusammen“ verkündet. Wir sitzen alle in einem Planeten-Boot – jetzt heißt es nur noch: Alle Mann und Frau in die gleiche Richtung rudern. Also alles so ähnlich wie 2020.
Und wie war es bei ForestFinance?
Immerhin: Hier haben in der Tat alle in die gleiche Richtung gerudert. Obwohl fast alles so schwierig und schwieriger war als noch 2020. Schließlich stehen und wachsen die ForestFinance-Projekte alle in Ländern, in denen Corona-Hilfen ein Fremdwort sind. In denen fehlende, erkrankte oder im Lockdown steckende LKW-Fahrer und Mitarbeiter:innen noch mehr fehlen lassen, als in Großbritannien die Nudeln im Supermarktregal oder das Benzin an der Tankstelle. Kakao, der in der Regenzeit nicht geerntet, getrocknet und gelagert werden kann – nicht transportiert werden kann. Ja, der ist unwiederbringlich verloren. Einen Antrag auf Umsatzverlust Corona-bedingt, den gibt es nur in Deutschland.
Auf der anderen Seite: Obwohl wir nunmehr seit zwei Jahren fast alle Projekte „per Fernwartung“ steuern, haben unsere Kollegen und Kolleginnen vor Ort die Wälder und Forste gesichert und gepflegt. Das ist nicht banal. So erfordert zum Beispiel die Bewirtschaftung nach Bio-Richtlinien einen hohen Personaleinsatz – der gerade bei Lockdown oder hohem Krankenstand nicht immer zu realisieren war. Schwierig wird es auch, wenn eben nicht nur im Baumarkt einfach Ersatzteile fehlen, sondern beispielsweise für unsere moderne deutsche Holztrocknungsanlage in Panama, ein 80-Euro-Ersatzteil in Deutschland monatelang nicht zur Verfügung steht. Das sind nur wenige Beispiele. Wir werden künftig regelmäßig nicht nur im Blog, sondern auch über Webinare unsere Kunden, Investoren und Mitstreiter direkter über alle Entwicklungen informieren.
Denn auch das – die Information und Kommunikation, seien es über Erfolge oder auch leider Misserfolge und Verluste – hat in den letzten zwei Jahren sehr gelitten. Einige wenige Investoren waren darüber verärgert, was verständlich ist. Die Konzentration lag beständig auf Notfallmanagement, was unsere Kapazitäten stark begrenzte. Wir bitten hierfür um Verständnis und Entschuldigung.
Überhaupt „Notfallmanagement“. Da Anfang 2020 durch Corona jahrelange Planungen und Vorbereitungen obsolet wurden, mussten wir nicht nur umdenken, sondern auch umsteuern und vieles, was eigentlich erst für 2024 und Folgejahre bis 2030 geplant war, vorziehen und im ebenso schwierigen Jahr 2021 beginnen. Insbesondere alle Bereiche der Nachernten. Ob es sich um Kakao handelt oder Holz oder Biomasse. Am sichtbarsten wurde das durch die Karbonisierungsanlage in Eberswalde (ClimateCarbon Eberwalde), die als Musteranlage auch für Projekte in Kolumbien und Panama dient und den Weg zur klimafreundlichen Nutzung unserer und Ihrer (!) Wald- und Forstprodukte aufzeigt. Auch hierzu werden wir in kürzeren Abständen im ersten Halbjahr 2022 im Blog und in Newslettern berichten, aber auch Webinare durchführen, um Ihnen ebenfalls die Gelegenheit zu direkterer Teilnahme, Nachfrage und auch Diskussion zu bieten.
Neue Wege: Karbonisierung bietet eine sinnvolle Verwendungsmöglichkeit für Totholz aus deutschen Wäldern. Foto: ForestFinance/carbonauten
Sicher ist schon jetzt: Das alles wird seine Zeit brauchen und 2022 startet mit Omikron und den auch hierzulande immer sichtbarer werdenden „Stockungen“ im Wirtschaftskreislauf nicht gerade durch. Mit der nunmehr viel zu langsam werdenden Dekarbonisierung der Weltwirtschaft ergeben sich aber für uns und unsere Kundinnen und Kunden auch neue Chancen und bessere Aussichten. Selbst wenn die EU mit der als „nachhaltig“ und klimafreundlich eingestuften Atomkraft eine 360-Grad-Wende vornimmt.
Wichtig wird sein, dass „der Markt“ endlich ökologisch-nachhaltige Land- und Forstwirtschaft honoriert, sprich: Preise realisiert werden können, welche die Mehrkosten für diese nachhaltige Wirtschaftsformen decken. Dass eine Ernte, wegen fehlender Container ausfällt, ist das eine, dass aber beispielsweise Kakaopreise für Bio-Kakao seit Jahren auf viel zu niedrigem Niveau dahindümpeln, wird dauerhaft viel gravierendere Folgen haben.
Unsere Mitarbeiter:innen – vor allem in den Projektländern – haben in den letzten zwei Jahren unter schwierigen Bedingungen die Wald-Werte gesichert. Aber es wird sicher noch weitere zwei bis vier Jahre dauern, bis die Verwertung dieser Werte ökonomisch Früchte tragen kann. Das ist ein langer Weg, den wir mit Ihrer Unterstützung erfolgreicher gehen können.
Wir werden Sie deswegen künftig nicht nur direkter informieren, sondern auch versuchen, direkter einzubeziehen. Nein, nicht (nur!) für neue Investitionen – hier hoffen wir auch, größere institutionelle Investoren gewinnen zu können –, wir wollen Sie um Ihren Rat, Ihre Expertise und Ihre Netzwerkunterstützung bitten. Unter unseren weit über 25.000 Kunden und Kundinnen sind gewiss viele Ingenieur:innen, Architekt:innen, Kaufleute, Menschen, die jemand kennen, der jemand kennt, der zum Beispiel bisher sein Holz oder Bio-Kakao aus dem Großhandel bezieht und nicht „direkt ab Werk“. Menschen, die eine Idee haben, wo ein geeigneter Standort für eine Karbonisierungsanlage sein könnte. Jede Anregung, jede Idee ist uns willkommen.
Während „draußen“ Politik und Wirtschaft in der Corona-Krise eine 360-Grad-Wende hinlegen, um in der gleichen alten Richtung auf den Abgrund weiter zu marschieren, versuchen wir weiter, was wir auch vor der „Wende“ taten – und marschieren in eine ganz andere Richtung. Wir hoffen, dass Sie uns auch in den kommenden Jahren auf diesem nicht einfachen Weg gegen die allgemeine Marschrichtung unterstützen werden.
Ihnen und Ihren Familien und Freunden ein gesundes und glückliches Jahr 2022.
Guten Morgen, das klingt wirklich sehr gut;)
Alles Liebe
Mahir