Warum Grün nicht immer die Farbe der Hoffnung ist, sondern auch Kohlenschwarz in Betracht kommt, erklärt Harry Assenmacher im Interview – zuerst veröffentlicht im ForestFinance-Kundenmagazin ForestFinest 2-2021
Warum schaffen es Forst- und Landwirtschaft momentan nicht, die Erde so zu nutzen, dass sie alle Menschen mit Nahrung versorgen? Sind Sie optimistisch, dass sie das tun werden?
Nein, bin ich nicht. Und zwar, weil wir kein Wissensdefizit haben. Denn eigentlich liegen die Lösungen auf der Hand, aber Politik und dahinterstehende große Finanzinteressen verhindern eine wirklich nachhaltige Nutzung der Erde. Und nur vom „Immer wieder Erzählen“, wie es gehen müsste und könnte, ändert sich eben nichts.
Man muss sich nur die Nachrichten anschauen, um zu verstehen, warum ich nicht sehr optimistisch bin. Vor allem, wenn man die ungebremst negative Entwicklung der letzten inzwischen Jahrzehnte sieht …
Immerhin ist „Nachhaltigkeit“ vielleicht das Schlagwort seit Jahren. Was wäre denn nötig, um wirklich zu einer solchen Wirtschafts- respektive Lebensweise zu kommen?
Wir kommen wieder an den selben Punkt: Das wissen doch eigentlich alle! Weniger Fleisch, weniger Konsum generell, weniger Mobilität – egal mit welchem Antrieb. Das kann man im Prinzip abhaken. Nur: Wie sieht dann unser Wirtschaftsleben aus? Gelingt es, vom Prinzip „Aus Geld mach’ mehr Geld“ auszusteigen und zwar mit einer lebenswerten Alternative? Gelingt eine aktive, durchdachte Änderung des gesamten gesellschaftlichen Lebens nicht – dann wird diese durch die Natur erzwungen. Vermutlich durch den Klimawandel, der ja für uns Menschen, nicht für die Erde, eine Klimakatastrophe ist. Dass solche äußeren Einflüsse der Natur, in der wir ja leben, zu
radikalsten und schnellen Veränderungen des gesamten gesellschaftlichen Lebens führen, haben wir gerade in der Pandemie erlebt. Und erleben es noch immer. Noch ist – sehr wenig – Zeit für radikale Reformen. Passiert das nicht wird es viel radikalere Änderungen geben und die werden nicht immer „liberal“ sein.
Gelingt eine aktive, durchdachte Änderung des gesamten gesellschaftlichen Lebens nicht – dann wird diese durch die Natur erzwungen.
Sie sagen, Sie sind nicht besonders optimistisch, dass die Menschen den Wandel hin zu Umwelt- und Klimaschutz schaffen?
Ich finde eine Frage, die auf die Menschen abhebt, ausgesprochen theoretisch. Ob wir es in den wenigen Jahren, die noch bleiben, um überhaupt einen „Wandel“ hinzubekommen – und ob wir den dann noch als Wandel und nicht als radikalste Änderung erleben –, hängt von völlig unterschiedlichen politischen Systemen ab: Wie die parlamentarischen, parteienbegründeten Demokratien in Deutschland und anderen Teilen Europas reagieren und wie stabil die sind, wird sicher ganz anders aussehen, als in autoritären Oligarchensystemen wie Russland, China oder auch teilweise der USA! Wie große Schwellenländer mit fast Milliarden Bevölkerung reagieren (können)? Das ist alles eher fragil.
Ich glaube kaum, dass unter dem Druck eines rasanten Klimawandels und so unterschiedlicher Interessen alles friedlich ablaufen wird. Wie auch immer, sicher ist, dass nicht die Welt oder die Erde, sondern die ärmsten und schwächsten Menschen als erste und am meisten leiden werden. Wir werden viel Leid erleben, was ja jetzt schon so ist, nur noch nicht direkt in unserem Land.
Was war der Auslöser, vor mehr als 25 Jahren ForestFinance zu gründen? Was waren die Erwartungen und sind die eingetroffen?
Der Auslöser war fast reiner privater Natur. Ich wollte etwas langfristig Nachhaltiges für meine eigene Altersvorsorge machen. Die Erwartungen waren in den 1990ern noch groß. Damals – so zu Beginn des Kyoto-Prozesses – glaubten wir noch, durch die Erkenntnisse zum Klimawandel würden große Veränderungen unmittelbar bevorstehen. Ein Irrtum, wie man heute sieht.
Heißt das, die Investitionen aus Deutschland haben in den fernen Projektländern wenig bewirkt? Sind die ForestFinance-Partner und -Mitarbeitenden damit zufrieden?
Ich glaube, mit den ökologischen und sozialen Effekten, die wir erzielt haben – so klein die im globalen Maßstab auch sind –, sind alle zufrieden und das können wir auch sein. Mit den wirtschaftlichen bislang nicht! Und das ist auch verständlich. Wir haben es schließlich bisher kaum geschafft, die angenommenen ökonomischen Ziele, sprich Renditen, zu erwirtschaften.
Ist das ein Grund, warum die ökonomische Idee, die hinter ForestFinance steht, nicht bekannter ist und mehr Nachahmer gefunden hat?
Ja, ganz klar. Bei aller Sympathie für unser ökologisches und soziales Engagement – viele Kunden investieren bei uns. Sprich, sie erwarten eine, wenn auch geringe monetäre Rendite und da haben wir bisher nicht immer das liefern können, womit wir und sie gerechnet hatten. Einige Investoren haben sogar Verluste hinnehmen müssen.
Sie haben einige Renditen nicht erreicht und liefern können – wegen Corona?
Das hat zwar in den letzten fast zwei Jahren sicher eine maßgebliche Rolle gespielt, vor allem in der Verzögerung von Projekten, aber auch im Abschluss, sprich Ernte und Vermarktung, die schwierig oder unmöglich waren. Die Schwierigkeiten durch die Pandemie waren in allen Projektländern ungleich größer als in Deutschland. Aber wir haben auch durch Stürme und Preisverfall am Holz- und Kakaomarkt geringere Ernteerlöse erwirtschaftet. Das hat aktuell Auswirkungen auf die Erträge. Natürlich muss das nicht dauerhaft so bleiben, es ist aber Stand heute real.
Die Investitionen in Karbonisierung und damit Weiterverarbeitung zu stärker nachgefragten und höherpreisigen Weiterverarbeitungsprodukten ist ein wichtiger Schritt, um sich von diesen Effekten zu befreien. Und der ist zudem wegen der CO2-Bindung extrem wichtig in Bezug auf Klimawandel – und damit wieder ein Schritt in Richtung nachhaltige, alternative Wirtschaft- und Lebensweise, die wir seit nunmehr einem guten Vierteljahrhundert anregen wollen.
Die Investition in Karbonisierung und die Produktion von Biokohlenstoff in Deutschland, das „Mit an Bord Holen“ von Kommanditisten und Kommanditistinnen, ist ein vielversprechender Weg.
ForestFinance entwickelt weiterhin Projekte, die in ländlichen Regionen Lateinamerikas und Afrikas zu Umweltschutz ebenso wie zu wirtschaftlicher und sozialer Stabilität beitragen. Das aktuelle Projekt Oase 2 beispielsweise setzt auf das Aufforsten von Mandelbäumchen und deren biologische Bewirtschaftung in Marokko. In wenigen Jahren können bereits die ersten Bio-Mandeln geerntet werden. Harry Assenmachers Vision, langfristig Nachhaltigkeit weltweit zu etablieren, verfolgt ForestFinance aktuell auf vielen Wegen.
Investieren in Bio-Landwirtschaft
Die Mandelbäume pflanzen wir auf einer
bereits erschlossenen und bio-zertifizierten
Fläche, in unmittelbarer Nachbarschaft zu
unseren Olivenbäumen und Dattelpalmen.
Wir setzen uns an all unseren Standorten für
Nachhaltigkeit ein: Unsere Mitarbeiter:innen profitieren von sicheren Arbeitsplätzen, fairen Löhnen und Sozialversicherungen, die Umwelt vom Verzicht auf Agrochemikalien und Gentechnik.
Hier können Sie mehr über das Projekt erfahren
Nutzen Sie jetzt die Gelegenheit mit uns gemeinsam nachhaltige Landwirtschaft zu machen!
betreut seit 2008 das Kundenmagazin ForestFinest und sämtliche Printprodukte als Redakteurin und Autorin. Sie schreibt am liebsten über nachhaltig Gutes, das sich für Mensch und Umwelt rechnet.