Tagsüber kümmert sie sich in unserem Büro in Panama City um alles, was anfällt, doch in ihrer Freizeit wirbelt sie in leuchtenden Gewändern über den Boden: Danelis Noriega ist seit mehr als fünf Jahren Teil des ForestFinance-Teams in Panama City und hat uns einen kleinen Einblick in ihr großes Hobby gewährt. Sie gehört seit zwei Jahren zu einer Folklore-Gruppe, die vor kurzem ihre erste CD auf den Markt gebracht haben. Das Interview führte unsere Kollegin Stefanie Holzmann, die in Panama für Events und Kommunikation zuständig ist.
Hallo Danelis, seit einer Woche läuft das Album „Antología costeña” deiner Foklore-Gruppe „Sentimientos de mi tierra“ in meinem Auto und begleitet mich durch so manchen Weihnachtsstau. Wie entstand diese Gruppe?
Mein Mann ist Musiker, schon sein ganzes Leben. Sein Leben ist die Musik und im Laufe der Zeit hat er diese Leidenschaft für „Folklore-Musik“ entwickelt. In Colon, wo er geboren wurde und auch immer noch lebt, gibt es eine folkloristische Ausprägung, die sich vom Rest des Landes unterscheidet. Die Gruppe hat ihren Ursprung im Jahr 2001, als er zusammen mit einigen Freunden eine Band gründete, die sich dann aber wieder verloren und schließlich 2015 wiederfanden. Die Musik ist speziell der Folklore aus Colon, dem „CONGO“ gewidmet.
Was ist das Besondere an der Folklore aus Colon?
Der besondere Merkmal der Foklore aus Colon besteht darin, dass im Rest Panamas meist das Akkordeon mit einigen anderen Instrumenten verwendet wird. In Colon hingegen werden nur Cajas (Anm. d. Red.: Trommeln) und Maracas (Anm. d. Red.: Rasseln) gespielt. Die Geschichte dieser Instrumente basiert auf der Ankunft der afrikanischen Sklaven in Panama, die ihre eigenen Rhythmen mitbrachten.
Zum Reinhören: Sentimientos de mi tierra
Für meine europäischen Ohren ist diese Musik natürlich sehr fremd und ungewohnt. Alle Lieder sind gleich aufgebaut und haben einen „Hauptsänger“ sowie einen Chor, welcher die Verse wiederholt. Was steckt hinter den Liedern?
Die Provinz Colon besteht aus verschiedene Regionen, in denen die Kultur des „CONGO“ praktiziert wurde. Der Inhalt der Lieder hatte in der Regel mit den Erfahrungen jeder Gruppe zu dieser Zeit zu tun. Sie haben eine matriarchalische Struktur mit einer Königin und einem König, wobei die mächtigste Person immer die Königin ist. Die Königin trifft die Entscheidungen über alles, aber sie ist nicht unbedingt die Front-Sängerin. Im Reim antwortet der Chor oder wiederholt, was der Frontmann singt. ANTOLOGIAS COSTEÑAS ist ein Zusammenschluss von Musik aus verschiedenen Regionen der Provinz, so dass das Publikum ein wenig von jeder Region genießen kann.
Der Tanz folgt den Traditionen der katholischen Kirche. Die Königin beginnt zu tanzen, indem sie sich vor den Trommeln verbeugt und eine Kreuzform im Rhythmus der Trommeln „tanzt“, ohne Schuhe, um in Kontakt mit Mutter Erde und im Kreis zu bleiben.
Wie wird diese Tradition aufrechterhalten und was ist die Geschichte hinter den Kleidern?
Kinder sind in der Regel ein aktiver Teil der Gruppe, so dass sie von klein auf Traditionen lernen; nicht nur den Tanz, sondern auch die gesamte Geschichte unserer Vorfahren.
Für die Garderobe benutzten sie damals alles, was sie gefunden haben, Hosen, Hüte etc. Die Frauen arbeiteten oft mit den Spaniern und benutzten die Kleidung, die sie ihnen gespendet hatten, alte Kleider, mit Löchern, die sie später reparierten. Somit konnten sie durch die Vereinigung verschiedener Arten von Stoffen große Röcke kreieren, mit leuchtenden Farben.
Die Halsketten wurden mit Früchten von Pflanzen und Elementen der Natur wie Muscheln, Kuhzähnen, Samenkapseln etc. erstellt und der Kopfschmuck bestand immer aus natürlichen Blumen des Dschungels oder der Berge.
Zum Weiterlesen:
Was fasziniert dich daran?
Ich tanze sehr gerne, diese Musik ist reichhaltig und abwechslungsreich. Außerdem ist es unmöglich, sich nicht dem Klang der Trommeln hinzugeben und den Körper still zu halten. Sie entfachen den Wunsch und gleichzeitig den Drang, „sich bewegen zu müssen“. Ich freue mich sehr, dass dir die Musik gefällt. Wir wollen die Menschen in die Welt der COSTEÑAS ANTOLOGIES einführen, ganz im Sinne des Stils „los sentimientos de mi tierra (Gefühle meiner Erde).
Gefällt Ihnen die Musik von „Sentimientos de mi tierra“? Dann schauen Sie mal auf ihrer Facebook-Seite vorbei!
Anmerkung der Redaktion:
Ihnen ist die schwarze Farbe auf den Gesichtern der Männer in der Foklore-Gruppe aufgefallen? Sie soll an die Ankunft afrikanischer Sklaven zu erinnern. „Blackfacing“ ist bei uns – zu Recht – ein Unding, denn es basiert auf den diskriminierenden Minstrel Shows des 18. und 19. Jahrhunderts in den USA. Warum die folkloristische Praxis in Panama aber durchaus emanzipatorisch ist und einen anderen Stellenwert hat, können Sie in diesem spannende Artikel nachlesen.