Insekten – vom großen Sterben, besseren Studieren und zu wenig Schützen

Haben Sie schon mal „Insektenschutz“ gegoogelt? Es ist typisch Mensch, was dabei rauskommt: Sprays, Folien und Gitter, die uns Menschen vor Insekten schützen sollen. Was für eine Ironie! Es zeigt sich immer mehr – und das immer besser wissenschaftlich belegt –, dass jeder einzelne Sechsbeiner unseren Schutz verdient. Zum Wohle aller null- bis achtbeinigen Lebewesen dieser Welt.

Wir nehmen die kleinen Krabbeltiere kaum wahr oder finden sie oft lästig bis eklig, aber jede*r, der diesen Blog liest, weiß um ihre Bedeutung für die Umwelt: als Bestäuber, der Pflanzen das Überleben sichert, als wichtiges Glied in der Nahrungskette unzähliger Tierarten, als zentraler Bestandteil des ökologischen Gleichgewichts. Und dennoch gibt es momentan nur sehr wenige Studien, die uns genau sagen können, wie es um die Insektenwelt bestellt ist. Als sicher gilt nur, dass immer wenigere von ihnen mit der von Menschen geprägten und zerstörten Umwelt klarkommen.

Hirschkäfer – hier ein männliches Exemplar mit dem imposanten Geweih – sind die größten Käfer Deutschlands. Sie können bis zu neun Zentimeter groß werden, sind aber in unseren Gefilden selten: Sie brauchen alte Laubwälder zum Überleben und die sind hier ebenso rar wie die Käfer selbst. Foto: Pixabay

Die Krefelder Studie und ihre Folgen

Die Forscher des Krefelder Entomologischen Vereins stellen Insektenfallen auf, in denen vor allem Fluginsekten landen und leider für die Wissenschaft ihr Leben lassen. Foto: Entomologischer Verein Krefeld

In Deutschland gibt es ein einziges Monitoring, das 2017 in der „Krefelder Studie“ veröffentlicht, bekannt und heftig kritisiert wurde. Die Studie stammt vom Entomologischen Verein Krefeld, der mit einer alten und bislang als bewährt geltenden Methode gemessen hat, wie viele Insekten in einem Gebiet leben. Die Wissenschaftler stellten 27 Jahre lang in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen Zelte in Naturschutzgebieten auf, in denen sich Insekten verfangen, um zu sterben und dann als Biomasse gewogen werden zu können. Fazit dieser Messreihe: Es hat ein Rückgang der Biomasse um 75 Prozent stattgefunden.

In den Medien fand sich davon allerdings falsch verstanden und oberflächlich wiedergegeben, dass 75 Prozent der Insekten in Deutschland ausgestorben seien. Die Kritik folgte auf dem Fuße und einige Statistiker stellten die Studie komplett in Frage. Das ging erstaunlicherweise ins Leere. Denn den Krefeldern sprangen viele Naturwissenschaftler zur Seite und lobten die Studie – auch deswegen, weil sie die einzige ihrer Art sei. (Eine gute Zusammenfassung der Krefelder Studie und ihrer Kritiker finden Sie hier.)

Die lärmende Berichterstattung rund um die Studie, die falsch rausposaunten Ergebnissen samt hastig-harscher Kritik hat viel gebracht und die Insekten endlich ins Blickfeld der Menschen geholt, ihre Bedeutung und die Notwendigkeit ihres Schutzes verdeutlicht. Denn laut Alexandra-Maria Klein, Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Universität Freiburg, beweist die Studie „eindeutig einen drastischen Rückgang der Fluginsekten in Naturschutzgebieten“.

Die Zeichen stehen auf Rot

„Fast die Hälfte der Insektenarten, die in der Roten Liste erwähnt werden, sind mindestens bestandsgefährdet, viele bereits ausgestorben“, warnt der Naturschutzbund Deutschland (NABU). „Dabei weisen im langfristigen Trend 40 Prozent der Insektenarten eine negative Entwicklung auf, wonach sehr wahrscheinlich viele Arten zukünftig einer höheren Gefährdungskategorie zugeordnet werden müssen und sich die Bestandsabnahme vieler Arten weiter fortsetzen wird.“

Heuschrecken – vor allem ihr lautes Zirpen und Musizieren – gehören zu lauen Sommerabenden ebenso dazu wie romantische Sonnenuntergänge. Leider werden sie immer seltener: 35 Prozent der Heuschreckenarten gelten als gefährdet. Foto: pixabay

Auf der Roten Liste stehen seit vielen Jahren folgende Tiere: Mehr als die Hälfte aller Wildbienenarten gelten in ihrem Bestand als gefährdet, als ausgestorben oder bestandsgefährdet sieben Prozent der Gnitzen, 17 Prozent der Schmetterlinge, 29 Prozent der Schwebfliegen, 32 Prozent der Raubfliegen, 35 Prozent der Heuschrecken, 37 Prozent der Laufkäfer und 87 Prozent der Wasserkäfer.

Der NABU geht davon aus, dass die Gefährdungslage aller Insekten weitaus dramatischer sein dürfte als es die Rote Liste suggeriert, denn von den etwa 30.000 in Deutschland vorkommenden Arten wurden gerade mal knapp 8.000 Arten durch die Rote Liste bewertet.

Diesel- und andere Skandale in Grün

Auch hier ist wohl wieder mal als „typisch Mensch“ zu sehen, dass der Dieselskandal vor allem im Zusammenhang mit Autokäufern und -herstellern besprochen wird. Dabei geht der Skandal seit vielen Jahren sehr viel tiefer. So stellt das naturwissenschaftliche Magazin Scinexx.de eine britische Studie vor, die einen Zusammenhang zwischen Dieselabgasen, Feinstaub und Bienensterben herstellt: „Honigbienen können viele durch in Abgasen enthaltene Stickoxide veränderte Duftstoffe im wahrsten Sinne des Wortes nicht mehr riechen. Die Forscher haben festgestellt, dass dies die Bienen noch weit mehr beeinträchtigt, als bisher angenommen: Rund die Hälfte der häufigsten Duftstoffe, die den Bienen den Weg zur Blüte weisen, erkennen die Insekten nicht mehr. Dies könnte ein weiterer kleiner, aber fataler Beitrag zum Bienensterben sein, meinen die Forscher im ‚Journal of Chemical Ecology’.“

Honigbienen haben es schwer – das wissen wir schon seit Jahren. Krankheiten, zerstörte Landschaften, Pestizide und Insektizide führten zu einem Massensterben unter den Bienenvölkern. Foto: pixabay

Insgesamt liegt die Verantwortung für die massive Bedrohung der Insektenwelt bei den Menschen. Industrie, Landwirtschaft, Be- bzw. Zersiedelung der Flächen, Klimawandel – sie alle – wir alle – tragen dazu bei, dass immer weniger Insekten in dieser, unseren Umwelt überleben können. Doch wenn sie es nicht tun, können wir es früher oder später auch nicht mehr.

Was Sie zum Schutz der Insekten beitragen können und was wir im ForestFinance-Team tun, können Sie in unseren Blogbeiträgen zur „ForestFinance-Aktionswoche: Insekten & Umwelt schützen“ lesen.

Zum Weiterlesen: Weitere spannende Beiträge zum Thema Insekten- & Artenschutz aus unserem Blog

betreut seit 2008 das Kundenmagazin ForestFinest und sämtliche Printprodukte als Redakteurin und Autorin. Sie schreibt am liebsten über nachhaltig Gutes, das sich für Mensch und Umwelt rechnet.

4 Kommentare zu “Insekten – vom großen Sterben, besseren Studieren und zu wenig Schützen

  1. Interessant, dass das Riechen der Bienen durch die Dieselabgase und den Feinstaub beeinträchtigt wird. Mein Vater hat ein paar Bienenvölker im Garten und bezeichnet sich selbst als eine Art Hobby Imker. Wir unterstützen daher das Projekt der Bienenrettung.

  2. Hallo Frau Sommer-Guist,

    danke für den Beitrag.

    Ich frage mich ehrlich gesagt, warum es im Forest Finance TreeShop kein Insektenhotel aus nachhaltigem Holz aus den Forest Finance Forsten gibt..?
    Da könnte man doch das Gute mit dem Nützlichen verbinden.

    Schönes Wochenende.

    1. Lieber Herr Bottermann, vielen lieben Dank für Ihre Nachricht und Ihre Anregung! Wir von der ForestFinance-Redaktion arbeiten daran und haben ebenfalls schon oft angeregt, dass aus unserem Holz Insektenhotels und Nisthilfen gebaut werden. Wir wurden auch erhört, aber die Umsetzung wird wohl noch etwas dauern. Herzliche Grüße, Ihr ForestFinance-Team

      1. Lieber Herr Bottermann, liebe Insekten- und Umweltschützer,
        wir können nun stolz und froh verkünden, dass wir in unserem TreeShop Insektenhotels anbieten. Gebaut wurden sie in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderungen – natürlich aus unserem Holz, das wir aus unseren nachhaltigen Wäldern geerntet haben. Insektenhotels im TreeShop

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