1. Insekten sind die artenreichste und erfolgreichste Tierart der Welt
Insekten bevölkern die Erde seit rund 480 Millionen Jahren und das mit mehr als einer Million Arten. Ihre Vorfahren kamen aus dem Meer und haben sich an Land zu der erfolgreichsten Tiergruppe entwickelt: Mehr als 60 Prozent aller Tierarten dieser Welt sind Insekten!
Zu den häufigsten Insektenordnungen gehören die Hautflügler wie Bienen und Wespen. Aber auch von den Zweiflüglern wie Fliegen und Mücken, Käfern und Schmetterlingen, Wanzen, Zikaden und Tierläusen gibt es hunderte Arten. Viele von ihnen haben Menschen noch gar nicht kennengelernt – und werden es wohl auch nicht mehr. Denn immer mehr von ihnen sterben aus, bevor wir sie überhaupt zu Gesicht bekommen.
Das ist unermesslich tragisch, denn Insekten spielen für die Entwicklung der Menschheit eine zentrale Rolle: als Bestäuber sind sie von immenser ökologischer, aber auch wirtschaftlicher Bedeutung.
2. Insekten schreiben dramatische Geschichte(n)
Der „Schwarze Tod“ fegte im Europa des 14. Jahrhunderts ganze Landstriche leer. Ein Drittel der europäischen Bevölkerung starb an der Pest, die von Ratten über Flöhe übertragen wurde. Das allerdings begriffen die Menschen erst 1894. Bis dahin machten sie höhere Mächte, aber auch Juden für die Epidemie verantwortlich. Juden wurde unterstellt, Brunnen zu vergiften – eine Welle der Vertreibung, Verfolgung und Ermordung war die Folge. Viele Städte – darunter Köln – brannten jüdische Viertel nieder, und töteten unzählige Menschen.
Die Pest-Flöhe scheinen mittlerweile im Vergleich zu Mücken fast harmlos. Keine andere Tierfamilie bringt Menschen so oft den Tod wie die sirrenden Plagegeister: Allein an Malaria sterben täglich (!) 1.200 Menschen. Auch Tropenkrankheiten wie Dengue- und Chikungunya-Fieber, die von Moskitos übertragen werden, enden oft tödlich und breiten sich dank Klimawandel und zunehmenden Fernreisen auch immer stärker in Europa aus. Das stellt die Medizin vor große Herausforderungen, denen sie momentan oft noch hilflos gegenübersteht.
Dabei muss es nicht immer exotisch sein, was unsere Gesundheit bedroht. Selbst unsere altbekannten Fliegen stellen für unsere Gesundheit eine wachsende Bedrohung dar: Sie übertragen antibiotikaresistente Keime, die sie auf Kuhfladen, Schweinemist und Schlachtabfällen auflesen. Sie können herzlich wenig dafür, das Elend ist eindeutig menschengemacht: Nutztiere erhalten zu viele Antibiotika, die sie entsprechend ausscheiden – ein gefundenes Fressen für Fliegen. Allein im Münsterland fanden Forscher heraus, dass bis zu 20 Prozent der Fliegen mit resistenten Colibakterien besiedelt sind, die bei Menschen schwere Infektionen auslösen können und die nur sehr schwer mit Antibiotika in Griff zu bekommen sind.
3. Insekten – die sozialen Wesen
Hätten Sie das für möglich gehalten, dass Ameisen im Kampf ein effektives System entwickelt haben, um ihre Verletzten bei Kämpfen zu retten und zu heilen? Die kämpferische Ameise Megaponera analis ernährt sich ausschließlich von Termiten. Das ist ein gefährliches Geschäft und so haben diese Ameisen in ihren Reihen „Sanitäter“, die verletzte Kollegen aus der Kampfzone bergen, sie zurück in den Bau bringen, wo sie medizinisch versorgt werden. So untersuchen gesunde Ameisen die Verletzten und lecken minutenlang deren Wunden, wahrscheinlich um Infektionen vorzubeugen.
Besonders spannend: Verletzte Ameisen verlassen sich auf ihre Sanitäter. Ist keiner in der Nähe, quälen sie sich selbst Richtung Heimat. Sobald aber andere Ameisen in Sicht sind, stolpern und fallen sie dramatischer als ihre Verletzung es hergibt, um so sicherzugehen, dass sie entdeckt werden und ihnen geholfen wird, berichtet Erik. T. Frank der National Geographic.
Rührend fürsorglich kümmern sich auch Bienen um ihre Angehörogen: Sie kleben die Babys mit Gelée royale in Waben fest, damit sie da nicht rausfallen. Diesen Aufwand, das kostbare Gelée als Klebstoff zu verwenden, betreiben Bienen allerdings nur für den königlichen Nachwuchs.
4. Die größten Insekten der Welt
Es ist für viele schon gruselig genug, wenn auch nur ein zwei Zentimeter langes Krabbeltier über die Wand huscht. Dabei geht das noch viel besser: in winzig-lästig – wie die ein bis zwei Millimeter „großen“ Läuse – oder aber in riesig bis gigantisch, wie die Riesenstabschrecken. Die Gespenstschrecke Phobaeticus chani ist das längste Insekt der Welt: mit einem Körper, der mehr als 35 Zentimeter lang werden kann und zusammen mit den Beinen mehr als 56 Zentimeter misst. Sie lebt in den Urwäldern Borneos und ist dank ihres schlanken Körperbaus zwar das längste, nicht aber das schwerste Insekt. Diesen Rekord hält der Goliath-Käfer, der ausgewachsen etwas mehr als eine Tafel Schokolade wiegt und diese 110 Gramm auf knubbelige zehn Zentimeter verteilt.
Aber hätten Sie gewusst, dass es auch fernab exotischer Regenwälder Insekten gibt, die auf den ersten Blick eher an Fledermäuse erinnern als an Eintagsfliegen? Aber genau das sind sie, die Theiß-Eintagsfliegen, die in Ungarn mit beeindruckenden zwölf Zentimeter langen Körpern über Flüsse und Seen „wuchtbrummen“.
5. Unglaubliche Jäger
Viele Insekten sind beeindruckende Jäger. Hätten Sie gedacht, dass die elegante Gottesanbeterin nicht nur andere Insekten – darunter auch Männchen der eigenen Art, ganz nach Belieben vor oder nach der Paarung … – mühelos fängt und verspeist, sondern sogar Vögeln auflauert und sie verspeist? Zu ihren gefiederten Opfern gehören zum Beispiel Kolibris.
Unglaubliche Leistungen finden sich auch bei Libellen. Bereits als Larven sind sie unter Wasser effektive Jäger und fangen mühelos Kaulquappen, Kleinkrebse, Insektenlarven, und alles andere, was ihnen vor die Fänge schwimmt. Über Wasser gehören sie zu den geschicktesten Abfangjägern. Sie berechnen die Flugrouten ihrer Beute, steuern den perfekten Punkt an, an dem sie zuschlagen und zubeißen können. Das erfordert eine neuronale Steuerung, die weit über die schlichten reaktiven Verhaltensweisen hinausgeht, von denen Wissenschaftler bislang ausgingen. (Mehr dazu lesen Sie hier)
6. Kulinarisches – vom Jäger zum Gejagten
Zugegeben, es ist einige Jahre her, aber dass es aus unserem kulturellen Gedächtnis so komplett gelöscht ist, ist schon erstaunlich: Bis ins 20. Jahrhundert hinein haben unsere Urgroßeltern – und wahrscheinlich auch noch einige unserer Omas und Opas – in Deutschland Käfer gegessen! Maikäfersuppe galt zwar auch damals als „Arme-Leute-Essen“, aber davon gab es ja einige bis viele. Unter ihnen auch Studenten, deren Armut in der Regel zeitlich überschaubar war. Heute können wir uns das gar nicht mehr vorstellen und meinen, Insekten würden doch nur in der Ferne gegessen. Igitt.
Diese Einstellung und geistige Amnesie wird sich wahrscheinlich in naher Zukunft ändern (müssen). Immerhin essen zwei Milliarden Menschen, ein Drittel der Weltbevölkerung, täglich Insekten. Und um alle Erdenbewohner dauerhaft und nachhaltig mit gesunden Lebensmitteln versorgen zu können, wären Insekten auf allen Tellern rund um den Globus ideal. Diesem Thema widmet sich die Entomophagie und preist die Vorzüge sechsbeiniger Nahrung – nicht nur in Form von Hummer, Krebs, Garnelen etc.
Eine Notiz dazu am Rande: Unbewusst essen wir alle täglich Insekten. Mit jedem Schluck Kaffee oder Tee, mit dem Essen von Schokolade, Gemüse, Salat und Beeren nehmen wir ganze Insekten oder kleine Teilchen davon auf, ohne es uns bewusst zu machen. Geschadet hat es noch niemandem.
7. Die Welt mit anderen Augen sehen
Können Sie sich vorstellen, wie Ihre Welt mit einem Blick aus 30.000 Augen aussähe?
Fliegen, Bienen und Libellen könnten es Ihnen sagen – ihre Facettenaugen setzen sich aus mehreren Einzelaugen zusammen. Bei Libellen sind das sogar 30.000!
Facettenaugen ermöglichen Insekten einen 360-Grad-Überblick ihrer Umgebung, aber vor allem liefern die Augen viele Bilder in kurzer Zeit. So nimmt das menschliche Auge 60 bis 65 Bilder pro Sekunde wahr. Hätten wir Facettenaugen wären es mehr als 300 pro Sekunde. Das würde uns aber wenig nutzen – denn wir bewegen uns ja nicht so schnell wie etwa Libellen auf der Jagd. Die können im Gegensatz zu uns die hohe zeitliche Auflösung sehr gut gebrauchen, um die Beute im Blick zu behalten. Besonders hilfreich dabei: Die Augen nehmen die Bilder nicht nur auf, sondern reduzieren auch deren Datenmenge so, dass das Gehirn sie einfacher, also schneller verwerten kann. Sie geben nur die Veränderungen des Signals weiter, nicht das Gesamtbild.
8. Die göttlichen Seiten der Insekten
Göttliche Sechsbeiner sind selten. Der berühmteste Vertreter ist wohl der Skarabäus, der in Ägypten als Verkörperung des Schöpfergottes Chepre verehrt wurde. Aus Neuseeland kennen nur wenige die göttliche Heuschrecke Weta, deren Name übersetzt die wenig schmeichelhafte Bedeutung erhält „Gott der hässlichen Dinge“.
Die Azteken kannten noch eine sechsbeinige Gottheit – und zwar den „Krallen-Schmetterling“ mit dem Namen, der kaum ausgesprochen werden kann „Itzapapalotl“. Es gibt nur wenige Forscher, die sich mit diesen kleinen Göttern beschäftigen und somit kaum Informationen, die wir Ihnen hier liefern können.
9. Die menschlichste, insektenfreundlichste Religion
In Asien gibt es Mönche und Nonnen, die ihr Leben darauf ausrichten, niemandem weh zu tun – auch nicht den kleinsten Wesen auf dieser Erde – weder in Gedanken, Worten oder Taten. Es sind Anhänger des Jainismus. Sie tragen stets einen Mundschutz, um zu verhindern, dass sie versehentlich Insekten verschlucken, und wedeln mit Staubwedeln über alles, was sie betreten oder besetzen, um keine Lebewesen zu zerquetschen. Selbstverständlich leben sie streng vegan – das aber in einer sehr überschaubaren Zahl. Zum Jainismus bekennen sich auf der ganzen Welt rund vier Millionen Menschen, von denen die meisten in Indien leben.
10. Insekten als Kunstobjekte
Insekten üben auf Menschen eine große Faszination aus – und finden sich entsprechend oft in Literatur und Kunst wieder. Während Schmetterlinge meist als Sinnbild der flüchtigen Seele dienen oder als Symbol für Liebe und deren Zerbrechlichkeit, finden sich Käfer und Fliegen eher in Romanen, in denen sie Zerstörung und Verderben verkörpern. Wie Franz Kafkas „Die Verwandlung“, in der ein Mann eine tödliche Metamorphose durchlebt. Auch in Bildern finden sich Insekten oft wieder – vor allem in historischen Stillleben, wo sie oft die Vergänglichkeit symbolisieren.
In der modernen Kunst sterben Insekten – wie im wirklichen Leben – langsam aus. Allein in Kinderbüchern kommen Insekten gut weg, zum Beispiel als „Kleine Raupe Nimmersatt“ oder als „Biene Maja“. Und wer hat noch nicht von der fabelhaft fleißigen Ameise gehört, die für den Winter vorsorgt – im Gegensatz zur lustigen Grille … Insekten sind unter uns. Überall!
Was Sie zum Schutz der Insekten beitragen können und was wir im ForestFinance-Team tun, können Sie in unseren Blogbeiträgen zur „ForestFinance-Aktionswoche: Insekten & Umwelt schützen“ lesen.
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betreut seit 2008 das Kundenmagazin ForestFinest und sämtliche Printprodukte als Redakteurin und Autorin. Sie schreibt am liebsten über nachhaltig Gutes, das sich für Mensch und Umwelt rechnet.