Nachhaltige Forstwirtschaft ohne Kahlschlag tut der Umwelt gut – so viel ist bekannt. Aber lohnt sich das auch wirtschaftlich? Immer noch sind Unternehmen weltweit auf den schnellen Profit mit Monokulturen aus. ForestFinance wollte es genau wissen und hat darum bei Dr. Verena Griess von der University of British Columbia eine Untersuchung in Auftrag gegeben, die Antworten auf genau diese Frage bietet. Wir sprachen mit der Forstwissenschaftlerin über die Ergebnisse ihrer Studie mit dem Titel „Continuous forest cover in the tropics. Potential and possibilities.“ (zu Deutsch etwa: „Dauerwälder in den Tropen. Potenziale und Möglichkeiten.“), die sie Ende 2016 angefertigt hat.
Dr. Verena Griess besuchte in der Vergangenheit bereits die ForestFinance-Forste. Heute lehrt sie an dem forstwissenschaftlichen Lehrstuhl der University of British Columbia in Kanada. Foto: privat
Was macht einen Dauerwald im Vergleich zu einer Monokultur, in der Kahlschlag betrieben wird, aus?
Der größte Unterschied wird bereits aus den Namen der beiden Bewirtschaftungsformen deutlich. Während im Kahlschlagbetrieb beim Erreichen der Umtriebszeit, also dem optimalen Erntezeitpunkt, sämtliche Bäume gefällt und entnommen werden, werden in einem Dauerwald durchweg einzelne Bäume oder Gruppen von Bäumen entnommen. Es bleibt also dauerhaft Wald auf der Fläche erhalten. Die Struktur des Dauerwaldes ist vielschichtig und es wachsen Bäume verschiedener Alters- und Stärkeklassen sowie verschiedener Baumarten miteinander.
Wie haben Sie die beiden Forstkonzepte in Ihrer Studie verglichen?
Meine Studie stellt die ökonomischen Konsequenzen der beiden Bewirtschaftungstypen gegenüber. Im Kahlschlagbetrieb fallen Kosten für die Bestandesbegründung und Pflege an sowie Erntekosten zum Ende der Umtriebszeit. Zu diesem Zeitpunkt, der oft mehrere Jahrzehnte in der Zukunft liegt, fällt dann auch der Großteil der Erlöse durch den Verkauf des geernteten Holzes an. Nach erfolgreicher Ernte wird ein solcher Bestand wieder vollständig aufgeforstet, es fallen also erneut Kosten für die Bestandesbegründung an.
In einem Dauerwald besteht die Möglichkeit Kosten einzusparen, da eine Wiederaufforstung nach einer Ernte nicht nötig ist. Hier wächst die nächste Generation von ganz alleine. Wir machen uns also die natürlichen Prozesse eines Waldes zu Nutzen. Auf der anderen Seite sind die Kosten regelmäßiger Eingriffe in den Bestand zur Entnahme geringerer Mengen Holzes sowie jährlich anfallende Pflegekosten höher. Die Rückflüsse fallen jedoch auch früher an, so dass über einen längeren Zeitraum betrachtet gewisse finanzielle Vorteile entstehen.
Neben dieser ökonomischen Analyse wurden die zu erwartenden ökologischen Konsequenzen sowie eine mögliche Herangehensweise für die praktische Umsetzung eines komplexen, naturnahen Bewirtschaftungskonzeptes untersucht.
„Finanziell konkurrenzfähig zu Kahlschlagbetrieben“
Welche Vor- und Nachteile von Mischwäldern, die wie bei ForestFinance nachhaltig bewirtschaftet und dauerhaft angelegt sind, konnten Sie feststellen?
Die stark vereinfachte Untersuchung der finanziellen Konsequenzen einer Dauerwaldbewirtschaftung in den Tropen zeigt, dass der naturnahe Ansatz finanziell konkurrenzfähig zu Kahlschlagbetrieben ist. Dieses Ergebnis ist als wegweisend einzuschätzen, da zahlreiche ökologische Vorteile von Dauerwäldern nicht in die Studie einbezogen wurden. Die finanzielle Bewertung stützt sich auf belastbares Datenmaterial, das uns zu beiden Bewirtschaftungstypen vorliegt. Hierbei haben wir einen konservativen Ansatz verfolgt, sind also stets von suboptimalen Bedingungen für den Dauerwald ausgegangen.
Ökologische- sowie bio-ökonomische Vorteile wurden hierbei noch nicht berücksichtigt. Diese können eine gesteigerte Produktivität durch Nischeneffekte beinhalten, gesenkte Produktionsrisiken durch Diversifikation, gesteigerte Resistenz gegenüber Schädlingen, oder auch Effekte wie Bodenverbesserung. In der Realität ist also damit zu rechnen, dass sich Dauerwälder als noch vorteilhafter erweisen.
Der neue Waldfilm mit aktuellen Aufnahmen aus Panama erklärt, was nachhaltige Forstwirtschaft bei ForestFinance ausmacht und warum dies für Investoren attraktiv ist. Video: ForestFinance
Gibt es auch wissenschaftliche Belege dafür, welcher Art von Wald besser für den Klimaschutz ist?
Prinzipiell lässt sich sagen, dass Wälder in denen große Mengen an Stickstoff dauerhaft gebunden werden, einen bedeutenden Beitrag zum Klimaschutz leisten. Je höher der Zuwachs in einem Bestand, desto höher auch die Bindung von Kohlenstoff. Dieser wird zu einem Bestandteil des Holzes, der erst durch Verbrennung oder Zersetzung wieder zurück in die Atmosphäre findet.
Wichtiger als der Wald selbst ist hier jedoch der Boden, auf dem dieser wächst. Die größte Menge Kohlenstoff weltweit ist in Böden gebunden. Bei Kahlschlägen besteht die Gefahr, dass dieser Kohlenstoff freigesetzt wird. Untersuchungen haben gezeigt, dass Böden unter Dauerwäldern eine deutlich höhere Menge Kohlenstoff speichern als solche, die regelmäßig brach liegen.
Neben der Speicherung von Kohlenstoff spielt der Effekt von Wäldern auf die Oberflächentemperatur einer Landschaft in Wechselwirkung mit der Abgabe von Niederschlagswasser an die Atmosphäre eine entscheidende Rolle im Klimaschutz. Diese Effekte sind regional unterschiedlich. Für tropischen Regionen lässt sich jedoch sagen, dass Kahlschläge zu einer deutlichen Erwärmung führen.
Bei Übergang in eine Dauerwaldbewirtschaftung in den Tropen erhöht sich die Gesamtmenge des im Boden gespeicherten Kohlenstoffs und positive Effekte des Waldes auf regionale Albedo und Evapotranspiration (Anm. der Redaktion: Rückstrahlvermögen und Verdunstung) werden dauerhaft sichergestellt.
Waldbau als Kunstform
Obwohl vieles darauf hinweist, dass Dauerwaldkonzepte sich wirtschaftlich lohnen, wird weltweit immer noch sehr oft auf Monokulturen und Kahlschlag gesetzt. Woran liegt das Ihrer Meinung nach?
Die Tatsache, dass in den meisten ökonomischen Berechnungen rund um die Beurteilung der finanziellen Erwartungswerte für Wälder Risiken, wie Windwurf oder Waldbrand kaum eine Rolle spielen, lässt Monokulturen auf dem Papier häufig als die vorteilhafteste Wahl erscheinen. In Fällen, in denen beispielsweise eine ehemalige Weidefläche wieder aufgeforstet wird, wird eine solche Herangehensweise häufig auch als die einfachste betrachtet. Für eine Beurteilung der Konsequenzen aus dem Anbau gemischter Bestände liegen in vielen Fällen nur sehr bruchstückhafte Informationen vor. Intime Kenntnisse der Baumarten, die in Mischung miteinander angepflanzt werden sollen, sind jedoch entscheidend für den Erfolg eines Dauerwaldes. Weiterhin erfordert ein Dauerwald ein dauerhaftes waldbauliches Engagement. Wegen dieser Komplexität wird der Waldbau auf höherem Niveau auch als Kunstform verstanden, genau wie die Arbeit eines Chirurgen.
Es bleibt zu erwähnen, dass ein Dauerwaldkonzept nicht in allen Fällen die richtige Wahl ist. In Regionen, in denen beispielsweise Waldbrände oder großflächige Windwürfe zu den natürlichen Störfaktoren gehören, simulieren Kahlschläge diesen natürlichen Vorgang der Erneuerung. Die Anzahl der Arten, die sich nach einem Großschadereignis etablieren, ist jedoch unter natürlichen Bedingungen meist höher als die, die nach einem Kahlschlag gepflanzt werden.
Ich denke, dieser Artikel ist großartig geschrieben. Es gibt einen Punkt, zu dem ich etwas zu sagen habe, aber ich möchte keine Debatte anstoßen. Aber absolut großartig! Gr, TP