Kohle fürs Klima: die carbonauten im Interview

Über 850.000 Tonnen Grill-Holzkohle nutzen wir Europäer im Jahr. Um eine Tonne Grillkohle herzustellen werden zwischen drei und zwölf Tonnen Holz benötigt, das oft aus illegaler Rodung in den Tropen stammt. Es geht auch umweltfreundlich – mit Kohle aus Schadholz aus deutschen Wäldern oder Holzresten der Industrie. Damit lässt sich gleichzeitig Strom erzeugen: Bei der von der carbonauten GmbH verwendeten Technik werden sämtliche Gase abgetrennt und zur Erzeugung regenerativer Energie verwendet. Wir haben das Führungsduo der carbonauten gefragt, wie das genau funktioniert und was ihre Arbeit mit ForestFinance zu tun hat.

Die Gründer der carbonauten: Geschäftsführer Torsten Becker (links) und Christoph Hiemer, Leiter Standort- und Projektentwicklung. Foto: carbonauten

Herr Becker, was ist Ihr beruflicher Hintergrund als Gründer und Geschäftsführer der carbonauten?

Ich bin Dipl.-Produktdesigner (FH) und war 25 Jahre Inhaber einer Agentur für B-to-B Design und Kommunikation. Meine Leidenschaft ist schon immer Neues gewesen, insbesondere Materialien faszinieren mich.

Mit Ihrer Technik kann Biomasse karbonisiert werden – dabei wird gleichzeitig Energie gewonnen. Wie funktioniert das?

Holzige Biomasse enthält Energie. Wird diese in sauerstofffreier Umgebung erhitzt, entsteht ab 200° C ein sogenanntes Pyrolysegas. Dieses entspricht einem schwachen Erdgas. Dieses ziehen wir ab und nutzen es mittels eines Brenners für die Beheizung der Biomasse. Da mehr Pyrolysegas erzeugt wird, als wir für die Karbonisierung brauchen, entsteht der Energieüberschuss. Bei der Karbonisierung entsteht zudem aus den Teeren des Biomasse sogenanntes Pyrolyseöl. Diese hat einen Heizwert vergleichbar mit Erdöl und kann den Energieüberschuss noch erhöhen. Je Karbonisierungsmodul liefern Pyrolysegas rund 850 kW und Pyrolyseöl etwa 150 kW, was zusammen die rund 1 MW thermische Leistung ergibt.

Wie sind Sie auf diese Geschäftsidee gekommen?

Die Ur-Idee hatte mein Freund und Co-Gründer Christoph Hiemer. Ihn habe ich 2013 in meiner Agentur kennengelernt. Er plante damals einen Produktionsstandort für Biokohlenstoffe mit einem ähnlichen Verfahren. Ich initiierte die Carbuna AG, die sich mit Biokohlenstoffen in der Landwirtschaft beschäftigt. Ende 2016 beschlossen Christoph und ich, die Erfahrungen zu nutzen und es selber zu tun. Christoph realisiert die Technologie, Energieerzeugung und die Standorte. Ich treibe die neuartigen Anwendungen von Biokohlenstoffen voran. Uns fasziniert die Speicherfähigkeit von drei Tonnen CO2 je Tonne Biokohlenstoff.

Welche Projektpartner sind mit an Bord?

Neben Andreas Jacob als strategischer Gesellschafter und Geschäftsführer eines Planungsbüros für Stadtentwicklung, freuen wir uns über die kongeniale Partnerschaft mit ForestFinance. Darüber hinaus haben wir in den letzten drei Jahren ein respektables Netzwerk an Forschungseinrichtungen, Industrieunternehmen, Energieversorgern, Initiativen und Institutionen geschaffen.

Welche Herausforderungen gab es bei der Umsetzung?

Die Beschaffung des erforderlichen Kapitals als Hardware-Start-up. Dies ist eine besondere und äußerst anstrengende Herausforderung in Deutschland. Und das, obwohl unser Wohlstand nach wie vor genau auf Unternehmen wie Siemens, Bosch, VOITH, den großen Automotives und vielen anderen kleinen oder mittleren Unternehmen basiert, die alle mal so angefangen haben wie wir – mit einem Traum in einer Werkstatt oder Garage.

Zudem mussten wir für die Akzeptanz von Biokohle als CO2-Senker kämpfen, denn modifizierte Grillkohle ist auf den ersten Blick nicht sexy.

Woher stammt die Biomasse?

Es handelt sich immer um holzige Reste der Forst- und Landwirtschaft, Lebensmittel- und Holzindustrie, wie beispielsweise Schadholz aus dem Wald, Holzhackschnitzel, Schalen aller Nüsse, Bambus, Miskanthus, Grünschnitt, Landschaftspflegematerial, aber auch Altholz A1 bis A4. Die Vielfalt macht uns unabhängig von einzelnen Stoffströmen, zudem sind geeignete Biomassen weltweit verfügbar.

Vielseitig verwendbar: Kohlenstoffgranulat. Foto: carbonauten

Wie wird der hergestellte Kohlenstoff anschließend verwendet?

Es gibt bekannte Anwendungen wie Aktivkohle, Futterkohle, Bodenhilfsstoff (Terra Preta) und Grillkohle. Unser zukünftiger Schwerpunkt sind aber die neuartigen Materialien daraus. Dazu kombinieren wir Biokohlenstoffe mit verschiedenen Bindern. Das eröffnet völlig neue Möglichkeiten und bringt die fossile Welt der Kunststoffe und Baumaterialien ins Wanken. Neben der CO2-Speicherung und -Reduzierung und neuen Eigenschaften sinken die Preise, da wir die Biokohlenstoffe sehr günstig herstellen. So schaffen wir eine auch wirtschaftlich nachhaltige Lösung für das Dilemma Umweltschutz und Profitabilität.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit ForestFinance?

Michael Sernatinger haben wir direkt nach seinem Studium für den internationalen Vertrieb engagiert. Er hatte die Idee, gut recherchiert und kalt bei ForestFinance angerufen.

Wo stehen Sie heute und was planen Sie davon ausgehend für die nächsten fünf Jahre?

Aktuell realisieren wir die Pilotanlage in Eberswalde. Parallel dazu entwickeln wir mit verschiedene Kombinationen von Biokohlenstoffen und Bindern wie biobasierten und fossilen Kunststoffen und Baustoffen. Zudem bereiten wir die nächsten Standorte in Deutschland und mit ForestFinance in Südamerika sowie mit chinesischen Partner in der Nähe von Shanghai vor. Auch das Thema grundlastfähige Energieerzeugung gewinnt an Bedeutung. Spannend ist auch die Rekarbonisierung – also Umwandlung in Kohlenstoffe – von Kunststoffen, erste Ergebnisse sind vielversprechend. Das ist perfektes C-to-C.

In den nächsten fünf Jahren werden wir Weltmarktführer hinsichtlich der Mengen und Qualitäten sowie bei industriellen Anwendungen von carbonauten OCM Organic Carbon Materials, die eine anerkannte NET sind. Um der Entwicklung Gewicht und Leuchtkraft zu geben, werden wir am Stammsitz das „Carbon Valley Europe“ realisieren. Hier werden Forschung und Entwicklung sowie Produktion und die industrielle Umsetzung vorangetrieben. Mittlerweile können wir große Unternehmen und Konzerne dafür begeistern, da wir ihnen eine Lösung für deren Carbon Capture Storage-Strategie bieten.

Wir haben des richtige Thema zur richtigen Zeit: minus CO2 – wenn nicht jetzt, wann dann?

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