Kolumbien: Die FARC geht und die Holzfäller kommen

Kolumbien und die FARC, seit Jahrzehnten war diese Kombination ein unumstößliches Wortpaar. 50 Jahre lang tobte ein bewaffneter Konflikt zwischen verschiedenen Rebellengruppen und Regierung, dem insgesamt rund 6,8 Millionen Menschen zum Opfer fielen. Durch Vertreibung, Mord oder Entführung. 2016 schaute die Welt auf das vom Bürgerkrieg gebeutelte Land: Eine Lösung des ewigen Konfliktes hatte sich angebahnt, der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos erhielt für seine Anstrengungen im Friedensprozess sogar den Friedensnobelpreis. Seitdem reißen die positiven Nachrichten aus Kolumbien nicht ab: Im Juni verkündeten Medien weltweit die vollständige Entwaffnung der FARC, im August meldete die Weltpresse, dass sich die Rebellen künftig als demokratische Partei in der Politik engagieren wollen, Anfang September reiste Papst Franziskus zum Friedensgebet in die Krisenregion. Doch der Frieden bringt nicht nur Gewinner hervor…

Die Rolle der FARC im Umweltschutz

Mit dem Abzug der FARC (kurz für Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia, deutsch Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens) entsteht in ehemaligen Rebellengebieten ein Machtvakuum. Kriminelle Banden nutzen den Abzug der Guerilla für ihre eigenen Interessen und auch die Bürger wissen die neu gewonnenen Freiheiten für sich zu nutzen. Besonders anschaulich zeigt sich diese Entwicklung am Thema Wald.

Auch in Kolumbien ist die Flächengewinnung für Viehzucht eine Gefahr für die Wälder Foto: Forest Finance
Auch in Kolumbien ist die Flächenumnutzung für Viehzucht eine Gefahr für die Wälder  Foto: ForestFinance

Aussteigern zufolge sorgte die FARC in den von ihr kontrollierten Gebieten auch für den Umweltschutz: Den Kleinbauern wurden Regeln hinsichtlich der Abholzung und Landnutzung auferlegt. Nach dem Abzug endete diese Verfügungsgewalt und neue Herren begannen mit der unkontrollierten Ausbeutung der Wälder zur Holzgewinnung, dem Drogenanbau oder zum illegalen Bergbau.

Landesweit erlebt die Ausbeutung der Wälder einen traurigen Höhepunkt. Die illegale Rodung der Wälder zwischen 2015 und 2016 wird auf 44 Prozent beziffert. Sind 2015 landesweit 124.035 Hektar Wald den Holzfällern zum Opfer gefallen, waren es 2016 schon 178.597 Hektar. Am stärksten betroffen ist die Gemeinde San Vicente del Caguán im Department Caquetá, in der seit Oktober 2016 schon 4.000 Hektar Wald abgeholzt worden sein sollen.

Intakter Urwald, wie hier in den Flussniederungen in Vichada, wird in Kolumbien immer seltener Foto: ForestFinance
Intakter Urwald, wie hier in den Flussniederungen in Vichada, wird in Kolumbien immer seltener Foto: ForestFinance

Die FARC indes will ihre Rolle als Umweltautorität aufrechterhalten. Zeitungsberichten zufolge debattieren die Veteranen bei der Entwicklung des Programmes ihrer neuen Partei Fuerza Alternativa Revolucionaria del Común (Alternative revolutionäre Kraft des Volkes) über umweltpolitische Themen. Neben der Beseitigung von sozialer Ungleichheit, solidarischer Wirtschaft und pluralistischer Demokratie soll auch das Gleichgewicht mit der Natur zur zentralen politischen Botschaft werden. Damit bewegt sich die FARC nun abseits vom marxistischen Vokabular der Vergangenheit. „Buen Vivir“ (Gutes Leben) lautet das Gebot der Stunde.

Die FARC ist nicht allein

Mit dem Thema Umweltschutz betritt die FARC in Kolumbien kein politisches Neuland. 2009 gründete sich in Kolumbien schon eine Ökopartei. Die Partido Verde, deren Kandidat Antonito Mockus bei den Präsidentschaftswahlen 2010 erst in der Stichwahl ausschied, setzt sich in Kolumbien schon seit Jahren für die Inhalte ein, über die nun auch die FARC debattiert. Im Dezember 2016 kündigte die Kolumbianische Botschafterin in Deutschland, María Lorena Gutiérrez, gegenüber ForestFinance an, Bäume pflanzen zu wollen und Steuererleichterungen für Aufforster schaffen zu wollen. 
Besonderes Interesse an der Gesundheit des kolumbianischen Ökosystems haben aber auch ausländische Kräfte. Die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) ist zum Beispiel mit mehreren Projekten zur Erhaltung der Biodiversität in Kolumbien aktiv. Auch die ForestFinance Gruppe setzt mit ihren Aufforstungsaktivitäten in der Region Vichada auf den Erhalt vorhandener Biotope wie das Naturschutzgebiet rund um den Orinoco und die Etablierung von Trittsteinkorridoren für Jaguare und andere seltene Tiere auf den neu bepflanzten Fincas, wo langfristig ökologisch wertvolle Mischwälder entstehen sollen. Jüngst stellte die Weltbank dem kolumbianischen Umweltministerium fünf Millionen US-Dollar zur Entwicklung von Programmen zur Verhinderung von Abholzung zur Verfügung.

Mehr zum Thema:

  • Ein Bericht zum Thema auf dem Lateinamerika-Portal Amerika 21
  • Ein Artikel mit aktuellen Zahlen zum Waldzustand in Kolumbien (spanisch)
  • Ein Ausblick auf das geplante Schutzprogramm für die kolumbianischen Wälder (spanisch)

 

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