Edelkakao – Klasse statt Masse

Edelkakao, Kakaobohne.

Edelkakao wird in Europa immer beliebter. Immer mehr Chocolatiers verwenden ihn in Pralinen und Schokoladen und das gerne mit einem Kakaoanteil von 70 und mehr Prozent. Dennoch liegt der Edelkakao-Anteil an der gesamten Kakaoproduktion seit vielen Jahren konstant bei fünf Prozent, die sich langsam aber sicher auf die sechs zubewegen. Dass das nicht schneller geht, liegt vor allem daran, dass es zu wenige Edelkakao-Anbieter gibt.

Zahlen zu Edelkakao beruhen auf Schätzungen, weil es (noch) keine Statistik gibt, die speziell den Ex- oder Import von Edelkakao erfasst. Berechnungen auf die Tonne genau gibt es nur zum allgemeinen Kakaoanbau und -konsum. Die Schätzungen zum Edelkakao stammen aber für Deutschland von Experten des BDSI (Bundesverband der Deutschen Süßwarenindustrie e.V.) und international von der ICCO, der International Cocoa Organization. Die ICCO ist eine zwischenstaatliche Institution der Kakao produzierenden und konsumierenden Länder und tonangebend beim Thema Edelkakao. Die Organisation bestimmt sogar, welches Land seinen Kakao zum Edelkakao deklarieren und diesen damit deutlich teurer verkaufen darf als Massenkakao.

Auch das CBI (Center for the Promotion of Imports), eine Institution des niederländischen Auswärtigen Amtes, das Marktanalysen und -prognosen erstellt, beschäftigt sich seit Jahren mit Edelkakao. Die CBI-Analysten sprechen von einem „explosiven Wachstum“ und einer Nachfrage nach Edelkakao, der die Produzenten nicht gerecht werden können. Das CBI geht davon aus, dass die steigende Nachfrage in den letzten Jahren nur deswegen befriedigt werden konnte, weil die ICCO in den letzten Jahren immer mehr Länder als Edelkakao-Hersteller in die Liste aufgenommen hat.

Alles aus einer Hand: vom Kakaobaum bis zur Edelkakao Schokolade.
Alles aus einer Hand: vom Kakaobaum bis zur Schokolade. Die ganze Geschichte der Schokoladenherstellung bei ForestFinance erfahren Sie hier. Bild: ForestFinance, Grafik: Mona Godzewski

 

Der Kakaomarkt – seit jeher global und wenig gerecht

Der internationale Kakaomarkt ist gigantisch und findet vor allem an den Rohwarenbörsen in London und New York statt. Das mutet seltsam an, wenn man bedenkt, dass Kakao immer noch mehrheitlich von Kleinbauern angebaut wird. 80 Prozent des Kakaos, der meist in Form von Schokolade in unseren Supermärkten landet, wird von kleinen Familienbetrieben angebaut, geerntet, fermentiert und getrocknet – Experten ihres Fachs, die im globalen Geflecht von Konzernen und Börsianern untergehen. Ihre Ware verkaufen sie in der Regel zu sehr schlechten Preisen an internationale Handelsunternehmen, weil sie zu wenig organisiert und kaum untereinander vernetzt sind, zu arm und zu abhängig vom Kakaoanbau und zu müde von der harten Arbeit, um sich alternative Einkommensquellen aufzubauen. Somit diktieren die Einkäufer die Preise und schrecken vor Ausbeutung nicht zurück.

Die großen Gewinner sind die Schokoladenhersteller. Die profitieren von den günstigen Kakaopreisen und freuen sich über eine konstant wachsende Nachfrage: Lag der Kakaokonsum im Jahr 1960 noch bei rund einer Million Tonne Kakao, waren es zur Jahrtausendwende schon mehr als vier Millionen Tonnen. Experten rechnen damit, dass bald fünf Millionen Tonnen gebraucht werden, um alle Märkte der Welt mit Kakao zu versorgen.

Weltweit wird immer mehr Kakao verarbeitet – waren es 2005 3,5 Millionen Tonnen Kakaobohnen, sind es heute 4,2 Millionen. Tendenz steigend.

Kakao – der knappe und begehrte Rohstoff

Schokoladenhersteller klagen seit Jahren, dass sie zu wenig Kakao auf dem Markt erhalten, um all ihren Kunden gerecht zu werden. Das liegt unter anderem daran, dass die sogenannten Schwellenländer wie Indien und China Kakao und Schokolade entdeckt haben und dass immer mehr Menschen Schokoladen mit einem hohen Kakaoanteil bevorzugen. So rechnen Schokoladenproduzenten mit einem Defizit von rund einer Million Tonnen Kakao für das Jahr 2020.

Dabei produzieren vor allem die Kakaoanbauländer in Afrika, Ghana und die Elfenbeinküste unter Hochdruck Kakao, ohne die geringste Rücksicht auf Umwelt und Menschenrechte. Angebaut werden hier auf Hochleistung getrimmte Pflanzen, die mit viel Chemie dazu gebracht werden, so schnell wie möglich so viel Kakao wie möglich zu produzieren. Masse statt Klasse.

Kakao wird in Äquatornähe angebaut, in Ländern, deren Bevölkerung meist so arm ist, dass sie sich Schokolade nicht leisten kann. Gekauft und verbraucht wird Kakao in den reichen Ländern des Nordens und immer mehr auch in den Schwellenländern Asiens. (Karte: Marc Venner, Quelle: Kakaobarometer 2015)

Egal ob Massen- bzw. Bulkkakao oder Edelkakao, beide entstammen einer Pflanze, die 15 bis 20 Grad nördlich beziehungsweise südlich des Äquators wächst. Die Hauptanbauländer liegen in Afrika, Asien und Lateinamerika. Unabhängig von der Region werden die Bohnen in Handarbeit aus den Football-großen Panzerfrüchten gelöst und fermentiert. Sobald das Fruchtfleisch „verdampft“ ist, werden die Bohnen ein bis zwei Wochen getrocknet. Ein einziger Kakaobaum liefert dabei bis zu zwei Kilo getrocknete Rohkakao-Bohnen im Jahr. Aber wann genau dürfen die Früchte dieser Arbeit als Edelkakao verkauft werden?

Was genau ist Edelkakao?

Aromatisch und aus gutem Hause. Das klingt als Antwort vielleicht nicht befriedigend, allerdings gibt es auch keine wirklich präzise Definition von Edelkakao. Grundsätzlich gilt: Je mehr Aromen eine Kakaobohne enthält, desto edler ist sie. Vergleichbar mit einem guten Wein schmecken Kenner erdige, fruchtige, nussige oder blumige Aromen aus den edlen Bohnen heraus. Guter Geschmack allein reicht aber nicht aus: Um als Edelkakao anerkannt zu werden, müssen die Bohnen auch aus einem Land stammen, das die ICCO als Edelkakao-Produzent anerkannt hat. Die internationale Kakaoorganisation legt nämlich im Alleingang fest, welche Länder Kakao als Edelkakao exportieren dürfen und prüft dafür:

  • die genetische Herkunft des Pflanzmaterials,
  • die Reputation der Anbauregion bezüglich Geschmack und Qualität des hier wachsenden Kakaos,
  • Aroma, Aussehen, Geschmack, Einzigartigkeit der Bohnen,
  • ob die hohe Qualität verlässlich und in gleichbleibender Masse lieferbar ist,
  • die physikalische Qualität der Kakaobohnen, die von der Verarbeitung – der richtigen Fermentation und Trocknung – abhängt.

Laut einer Schätzung des ICCO liegt die Produktion von Edelkakao bei circa 350.000 Tonnen im Jahr und macht rund fünf Prozent der gesamten Kakaoproduktion aus. Der größte Teil davon stammt aus Lateinamerika. Rund 50.000 Tonnen stammen aus asiatischen Anbauländern wie Madagaskar, Indonesien und Papua Neu Guinea. Aus Afrika stammt weniger als ein Prozent des Edelkakaos, der in Europa verkauft wird. Afrika liefert vor allem Massenkakao an die Schoko-Giganten Mars, Hershey’s & Co. – mit den bekannten, problematischen Anbau- und Herstellungsmethoden. Der Großteil des nach Europa gebrachten Edelkakaos stammt aus Lateinamerika.

Edelkakao Export
Das größte Edelkakao-exportierende Land ist Ecuador. Das kleine Land liefert mehr als die Hälfte des Edelkakaos für den internationalen Markt. Etwa ein Achtel stammt aus Peru, ein weiteres aus Kolumbien. (Quelle: ICCO, 2016; ITC Trade Map, 2016, aus CBI – Ministry of Foreign Affairs 2017)

Edelkakao – nachhaltig und lukrativ

Der Edelkakaomarkt unterscheidet sich deutlich von dem gigantischen Massenkakaogeschäft. Er ist gekennzeichnet von unmittelbaren Handelsbeziehungen zwischen den Kakaobauern und den Edelkakao-Verarbeiter*innen. Die Chocolatiers achten streng auf Anbaumethoden und Qualität ihrer Ware, auf eine gesunde und ökologische Produktion, ebenso wie auf einen fairen Umgang mit allen Mitarbeiter*innen und überprüfen diese oft direkt vor Ort. Sie verarbeiten den Edelkakao meist sortenrein und so ist bei jedem ihrer Produkte nachvollziehbar, von welchem Bauern der Kakao stammt, der in der Schokoladentafel steckt. Dieses Konzept haben sie mittlerweile weltweit erfolgreich als „Bean-to-Bar“ etabliert, profitieren von einer steigenden Nachfrage und sind somit bereit für Edelkakao zwei bis drei Mal so viel Geld zu zahlen als für Massenkakao.

Dank der direkten Zusammenarbeit von Edelkakao-Anbauern und Käufern hat sich in der Produktion eine Preisstabilität und Nachhaltigkeit entwickelt, die für den Massenkakaomarkt unvorstellbar ist. Der unmittelbare Kontakt zwischen Kakaobauern und Chocolatiers führt zusammen mit dem Wissen um eine ebenso anspruchsvolle wie kritische Kundschaft zu einer Transparenz, die Zertifizierungen und Siegel überflüssig macht. Die meisten Kakaoanbauer wie auch -verarbeiter sehen laut CBI (Factsheet 2016) in einer Zertifizierung unnötige zusätzliche Kosten, die den Kakaobauern entstehen würden, und verzichten darauf. Außerdem sind die meisten direkt am Edelkakao-Markt Beteiligten eher skeptisch bezüglich der ökologischen und sozialen Ansprüche, die Zertifizierer wie Rainforest Alliance, Fairtrade, UTZ etc. stellen. Edelkakaobauern und -verarbeiter setzen auf die eigene Geschichte ihres Produktes, die jeder direkt überprüfen kann.

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Stabil hohe Preise für Edelkakao

Hersteller von feiner Edelkakao-Schokolade zahlen gerne mehr für die wertvollen Bohnen – auch weil sie wissen, dass sie die Tafel Schokolade für sehr viel mehr Geld verkaufen können als eine, die aus gewöhnlichem Massenkakao hergestellt wurde. So kostet eine 100-Gramm-Tafel Schokolade beim Discounter circa ein Euro. Eine Schokolade aus Edelkakao kann in Deutschland für das zehnfache verkauft werden. In Belgien und Großbritannien bezahlen Gourmets für 100-Gramm-Schokoladen aus Edelkakao sogar bis zu 16 Euro. Allerdings enthalten Edelkakao-Schokoladen auch wesentlich mehr Kakao als die gewöhnlichen Supermarkt-Schokoladen, deren Hauptbestandteile Fette und Zucker sind, und insgesamt edlere Zutaten. Verbraucher*innen wissen das zu schätzen und haben den Premium-Schokoladen zu einem rasanten Marktwachstum verholfen: Der Edelschokoladen-Markt ist um sieben bis zehn Prozent (CAGR – Compound Annual Growth Rate) und damit doppelt so schnell wie der „normale“ Schokoladenmarkt gewachsen. (Quelle: Download von ICCO)

Auch ForestFinance profitiert von der starken Edelkakao-Nachfrage und den hohen Preisen. So sicherte sich 2017 das südafrikanische Unternehmen CocoáFair bereits Anfang des Jahres 85 Prozent der Gesamternte in Panama und das zu einem Preis, der rund zwei US-Dollar über dem vom Massenkakao liegt und damit doppelt so hoch ist. Auch die Ernten der Folgejahre sind schon Teil von Verhandlungen mit Kakaoeinkäufern und sehr begehrt.

Augustin Fromageot führt durch den Kakaowald from ForestFinance on Vimeo.
ForestFinance-Mitarbeiter Augustin Fromageot führt durch die Baumschule und den Kakaowald in Peru. Video: ForestFinance

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Filme zu Kakaoanbau von ForestFinance in Panama und Peru

Der Film „Amazonien: Plantagenwirtschaft in den Tropen“ des Medienstitutes der Länder /FWU) wurde als Anschauungsmaterial für nachhaltigen Kakaoanbau großteils auf ForestFinance-Kakaoflächen in Peru gedreht. Sie können Ausschnitte des Films auf www.forestfinance.de/fwu-kakao ansehen und den ForestFinance-Mitarbeiter Pedro Mozambite kennenlernen. Die DVD erhalten Sie im www.fwu-shop.de

International Fine Cocoa Innovation Centre

betreut seit 2008 das Kundenmagazin ForestFinest und sämtliche Printprodukte als Redakteurin und Autorin. Sie schreibt am liebsten über nachhaltig Gutes, das sich für Mensch und Umwelt rechnet.

2 Kommentare zu “Edelkakao – Klasse statt Masse

  1. Sehr wichtige Informationen. Ist es möglich auch Sirup oder Pulver aus weissefleisch(Pulpa) und externer,harte Schale der Kakaofrucht für selbstgemachte Schokolade zu verwenden statt Industrie Zucker und Milch Pulver?

    1. Liebe Magdalena! Aus dem Fruchtfleisch lässt sich Saft gewinnen, die Schalen der Kakaobohnen können als Tee oder Dünger weiter verwertet werden. Zur äußeren Schale der Kakaobohne ist uns keine Weiterverarbeitung als Lebensmittel bekannt. Wenn Sie auf Milchpulver verzichten wollen, greifen Sie einfach zu Schokoladen mit höherem Kakaoanteil – und wenn sie selbst Schokolade herstellen (ohne Industriezucker und Milchpulver) wollen, dann können Sie bei uns im Treeshop auch Rohkakao von unseren Flächen erwerben.

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