Er hat es wieder getan: Prof. Dr. Michael Schrödl, Experte für Biodiversität an der Ludwig-Maximiliams-Universität München und ForestFinance-Kunde, hat mit „Unsere Natur stirbt“ erneut ein Buch veröffentlicht, das wachrütteln soll. Das Artensterben betrifft uns alle und könnte noch schneller zum existentiellen Problem werden als der Klimawandel, mit dem es unmittelbar zusammenhängt.
Etwa 30 Prozent der rund 48.000 Tierarten in Deutschland werden bis 2050 wahrscheinlich ausgestorben sein, prangert Schrödl an. Richten wir den Blick auf das globale Geschehen, wird es noch viel schlimmer. Ganz besonders, wenn es um die Regenwälder geht, deren Flächen jedes Jahr um sieben bis 13 Millionen Hektar schrumpfen. Mit ihnen sterben ganze Ökosysteme und damit auch unsere Lebensgrundlage. Weltweit sind heute circa 400.000 der bekannten Tierarten gefährdet. Ungefähr alle 25 Minuten verschwindet eine Tierart für immer. Erschreckende Zahlen, die Michael Schrödl aufwirft und die uns endlich zum Handeln bewegen sollten.
Bereits mit dem Buch „Biodiversitot“ richteten sich Prof. Dr. Michael Schrödl und seine Kollegin Dr. Vreni Häussermann mit einem Weckruf an die Welt. Der Ton der beiden Artenforscher ist dabei nicht, wie wir es von AkademikerInnen gewohnt sind, neutral und sachlich, sondern gewollt plakativ – in der Hoffnung, so vielleicht endlich gehört zu werden. Wir haben Prof. Dr. Michael Schrödl gefragt, was seine Beweggründe sind und warum er bei ForestFinance investiert hat.
„Die nachhaltige Wiederbewaldung degradierter tropischer Weiden halte ich für eine der sinnvollsten Maßnahmen überhaupt„, sagt ForestFinance-Kunde Prof. Dr. Michael Schrödl – und wir sind ganz seiner Meinung! Aus diesem Grund sind wir Mitglied der Initiative „Biodiversity in Good Company“ und veröffentlichen alle zwei Jahre einen ausführlichen Biodiversitätsfortschrittsbericht.
Die Erde, ein sinkendes Schiff? Interview mit Prof. Dr. Michael Schrödl
Sie bezeichnen sich als „Wutforscher“. Wie kam es zu der Frustration?
Brennende Tropenwälder, bleichende Riffe, sterbende Insekten: Keine Frage, wir befinden uns im 6. großen Artensterben der Erdgeschichte, diesmal Mensch-gemacht. Überall auf der Welt zerstören wir die natürliche Vielfalt des Lebens und damit auch unsere eigene Lebensgrundlage. Die globale biologische Krise, „Biodiversitot“ statt Biodiversität, ist sogar noch drängender als der Klimaschutz – doch kaum jemand schert sich wirklich darum. Das muss sich schleunigst ändern und dafür setzen wir uns nach Kräften ein!
Für uns als Forscher besonders schlimm: Auf Reisen und Expeditionen entdecken wir ständig unbekannte Arten, in der Tiefsee beispielsweise waren bis 80 Prozent aller gefundenen Schnecken neu. Im Korallenriff, im Regenwald, aber auch im heimischen Gebüsch: Überall finden sich neue Arten, weltweit werden noch zwei bis zwanzig oder sogar hundert Millionen neuer Tierarten vermutet. Ist das nicht unglaublich? Wir befinden uns im 21. Jahrhundert und es scheint, wir wissen noch so gut wie gar nichts über all das vielfältige Leben um uns herum! Doch leider gibt es weder Stellen noch Mittel, diese vielen neuen Arten zu erforschen. Und leider wird ein Großteil dieser unbekannten Arten noch vor ihrer Entdeckung aussterben! Ist das nicht furchtbar? Wir halten das für absolut inakzeptabel. Aus Wut und Frust wurde ein Buch und der feste Wille, scheinbar Unabänderliches („Es gibt nun mal kein Geld für Artenforschung!“) zu ändern.
In Ihrem Buch „Biodiversitot“ fordern Sie von den Superreichen Geld zur Rettung der bedrohten Artenvielfalt unserer Erde – am besten 400 Millionen Euro pro Jahr, weltweit und für 50 Jahre. Was genau würden Sie mit diesem Geld tun, wenn Sie es hätten?
Wir hoffen, dass Vermögende die Chance erkennen, sich als Erforscher und Retter der Tierwelt sinnvoll zu betätigen, ja, sich in der Wissenschaftsgeschichte zu verewigen! Mindestens zwanzig Milliarden Euro wären wohl zusätzlich nötig, um vermutete fünf Millionen neue Tierarten zu entdecken, wissenschaftlich zu beschreiben und mit gültigem Namen zu versehen. Genau dies würden wir tun in einer internationalen, kollaborativen und unbürokratischen Graswurzelbewegung von Artenforschern, so genannten Taxonomen. Ich gründe derzeit eine gemeinnützige Firma „Artenvielfalt erforschen und retten“, die Spenden sammeln und ForscherInnen anstellen soll. Nur etwa 4000 Euro kostet die Beschreibung einer neuen Art und wir sind dankbar für jede Form von moralischer oder finanzieller Unterstützung von allen Menschen, die für sich und ihre Nachkommen eine lebenswerte und leistungsfähige Natur erhalten wollen!
„Man schätzt (…) nur, was man kennt und schützt nur, was man schätzt“
Auf Ihrer Agenda steht vor allem eine verstärkte Förderung der Artenforschung. Wie kann diese dem Artenschutz helfen?
Bisherige Arten- und Biotopschutzbemühungen haben noch Schlimmeres verhindert, doch unter dem Strich werden weiterhin überall riesige Lebensräume zerstört und die Umwelt großflächig vergiftet. Die Artenvielfalt kollabiert überall und die verstärkt einsetzenden globalen Stressfaktoren wie Klimawandel und Ozeanversauerung kommen sogar noch dazu. Wir Menschen müssen unsere Einstellung zur Natur und ihrer Vielfalt schleunigst fundamental ändern! Und dazu braucht es offenbar neue Wege und große, inspirierende Ziele.
Die Erfassung aller weltweiten Tierarten erscheint uns nicht nur als hehres Ziel einer wissbegierigen Menschheit, sondern bildet die Grundlage eines wirksamen Artenschutzes: Wer kann die millionenfache Artenvielfalt des Lebens richtig identifizieren und den Bestand überwachen, solange die meisten Arten weder bekannt noch beschrieben sind?
Wir Homo sapiens sind verantwortlich für die Vielfalt des Lebens. Doch Interesse und Mitgefühl für irgendeine unbekannte Ameisenart, tausend winzige Bodentierchen oder eine Million namenlose Insekten- oder Tiefseearten halten sich in Grenzen. Man schätzt halt nur, was man kennt und schützt nur, was man schätzt – und was uns irgendwie nützt. Wir Artenforscher geben unbekannten Spezies eine Identität, ein Gesicht und eine Geschichte. Eine nachvollziehbare Existenz, einen moralischen und praktischen Wert und damit auch eine Daseinsberechtigung in Abwägung mit konkurrierenden Entwicklungszielen oder Ausgabeposten. Welchen medizinischen oder technischen Nutzen haben spezielle Naturstoffe, die sich in vielerlei unbekannten Organismen finden? Welche überaus wichtigen Funktionen und damit ökonomischen Wert haben die vielen Arten in den Böden, Wäldern, Gewässern? Welche Möglichkeiten, Produkte und Berufsfelder werden sich aus der umfassenden Kenntnis der belebten Natur ergeben?
Nach mehr als 200-jähriger Forschungsgeschichte stehen wir noch ganz am Anfang. Umso mehr lohnt es sich hier massiv in Wissen und Information zu investieren. Wir sind überzeugt: Die Menschen möchten keine Arten ausrotten, schon gar nicht solche mit Namen, spannenden Geschichten und verständlichem Nutzwert. Das rentiert sich auch rein materiell: Auf fünf Billionen Dollar wurden die globalen Verluste nur durch das Artensterben geschätzt, pro Jahr!
Zum Weiterlesen
Zurzeit ist das Insektensterben in Deutschland in den Medien. Wo sehen Sie hier Ursachen und Folgen?
Das Insektensterben ist überall! Rücksichtslose Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft dezimiert fast sämtliche Lebewesen an Land und im Wasser. Besonders schlimm sind Lebensraumzerstörungen, etwa durch Entwaldung und Anbau von Monokulturen, und Umweltgifte, also auch Pflanzenschutzmittel. Keine wirklich überraschende Erkenntnis: Insektenvernichtungsmittel vernichten Insekten, Herbizide ihre Futterpflanzen. Und wer Insekten als Nahrung benötigt, geht leer aus und bekommt, wie am Rückgang vieler Vögel zu beobachten, kaum mehr Brut hoch.
Auch wenn sich Agrarindustrie und Bauernverband noch so sträuben: Artenkiller Nummer 1 ist eine rücksichtslose industrielle Landwirtschaft. Am kurzfristigen Profit orientierte Bewirtschaftung mit dem Brecheisen: Böden verarmen, fruchtbarer Humus degradiert zu noch mehr CO2, überschüssige Gülle verseucht die Gewässer und erzeugt riesige Mengen von hochwirksamen Klimagasen. Zugleich werden immer mehr teure Maschinen, Kunstdünger und Spritzmittel benötigt, bis das Ökosystem schließlich kollabiert. Weder neu noch überraschend, aber unbequem einzusehen: Landwirtschaft, Politik und Konsumentenverhalten müssen sich gewaltig und schnell ändern.
„Wenn Sie Investor sind, investieren Sie in Nachhaltigkeit!“, schreiben Sie. Was halten Sie von den ForestFinance-Investmentangeboten in nachhaltige Aufforstung?
Die nachhaltige Wiederbewaldung degradierter tropischer Weiden halte ich für eine der sinnvollsten Maßnahmen überhaupt: CO2 wird schnell und langfristig gebunden, nicht nur in den Bäumen, sondern auch im Boden. Und es bildet sich neuer Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten. Natürlich nur, wenn naturnah aufgeforstet wird, die Nutzholzentnahme schonend und selektiv erfolgt und sich der Restwald dann ungestört entwickeln darf. Zudem sollte die einheimische Bevölkerung unter fairen Arbeitsbedingungen in die Entwicklung eingebunden werden und nachhaltig profitieren. All dies scheint bei ForestFinance der Fall zu sein. Deshalb habe ich in WaldSparBücher für meine Familie investiert. Wenn ich entsprechend Geld zur Verfügung hätte, würde ich hektarweise Wiederbewaldung finanzieren – und mich auch vor Ort von den guten Standards vergewissern. Sehr fein wären natürlich auch begleitende langfristige Studien zur Entwicklung der Artenvielfalt auf wiederbewaldeten Flächen.
Viele Konsumenten denken, bio oder nicht, ist doch sowieso alles das Gleiche. Was würden Sie diesen gerne sagen?
Dass sie unser neues Buch „BiodiversiTOT“ lesen sollen! Mit konventioneller Landwirtschaft betreiben wir Raubbau an den Arten, natürlichen Ressourcen, am Tierwohl, an der Gesundheit und letztlich an unserer Lebensgrundlage. Als Verbraucher können und müssen wir die Wirtschaft beeinflussen, naturfreundliche nachhaltige Herstellung von Lebensmitteln fördern. VerbraucherInnen sollten soweit möglich auf Bio-Nahrungsmittel umsteigen. Denn die gängigen Bio-Siegel garantieren für eine Produktion ohne Kunstdünger und chemische Spritzmittel. Gentechnik ist auch nicht erlaubt, nicht einmal im Tierfutter.
Die meisten Leute wissen ja gar nicht, dass sie über viele konventionell erzeugte tierische Nahrungsmittel indirekt gentechnisch veränderte Sojapflanzen konsumieren – und damit zu massiver Umweltzerstörung und monopolisierter Agrarindustrie auf anderen Kontinenten beitragen. Riesige Waldgebiete, Kleinbauern und Zigtausende von Tierarten müssen anderswo weichen, für unseren Billigfleischkonsum. Weniger und besser heißt die Devise: Wenn Tierprodukte, dann bitte bio! Und wenn schon knausern, dann bitte bei Plastik, Sprit und Energie!
Gibt es etwas, was Sie der nächsten Generation – die mit dem bestehenden Schlamassel leben muss – gerne auf den Weg geben möchten?
Informiert und engagiert Euch jetzt, kämpft lautstark für Eure Zukunft, trefft bessere und nachhaltigere Entscheidungen als wir allzu raffgierigen Umweltversager vor Euch! Mülltrennen reicht nun mal nicht! Ich wünsche Euch – und natürlich auch meinen Kindern – eine Welt, die Vielfalt schätzt und schützt, Platz bietet für Spaß und Vernunft, und in der persönliches über materielles Wachstum geht!
Die degrowth-Bewegung hat zukunftsweisende Modelle für eine Postwachstumsökonomie entwickelt,
die in der Wissenschaft berücksichtigt werden, siehe https://timotheeparrique.com/academic-articles/ . An Wachstumsrücknahme im großen Stil kommen wir nicht vorbei. Subsistenz ersetzt Überproduktion, verschwenderischen Luxus und maßlosen Raubbau. Auf den jährlichen Konferenzen https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Degrowth-Konferenz sind eine Vielzahl von Umweltbewegungen vereint.