Guido Kunze ist gerne auf dem Fahrrad unterwegs. Aber nicht einfach so: Der 52-jährige Erfurter ist Extremsportler und hat mit seiner letzten Tour 40 Kilogramm Kakaobohnen 10.000 Kilometer nur mit dem Rad und einem Segelboot von Ecuador nach Deutschland gebracht, um auf die Missstände der Schokoladenindustrie aufmerksam zu machen. Mit Unterstützung des Reiseveranstalters Vive Kolumbien ist dabei auch noch ein Lehrfilm zum Thema Nachhaltigkeit für Schulen herausgekommen, der die Eindrücke festhält. Wir haben den Aktivisten für faire Schokolade gefragt, was ihn zu dieser Reise bewogen und was er dabei erlebt hat.
Extremsportler mit Mission: unterwegs für faire Schokolade
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Extremsport mit Schokolade zu verbinden?
Eigentlich geht es mehr um die Botschaft der Nachhaltigkeit, das Fahrrad war nur, um den langen Weg zu verdeutlichen, den eine Kakaobohne unterwegs ist, bis sie in Deutschland ist. Klar, um den langen Weg mit den Kakaobohnen am Rad zu schaffen, muss man schon fit sein. Da ich bereits schwierige Touren als Extremsportler gemeistert habe, profitiere ich von meiner Erfahrung und weiß, was ich tue und ob es überhaupt machbar ist. Sonst findet man auch keine Sponsoren, da sie denken würden, was ist das für ein Spinner. Da muss man schon Resultate vorweisen können. Daher war der Extremsport für mich natürlich eine gute Voraussetzung, um dieses Projekt erfolgreich zu bewältigen. Ich bin auch ein Liebhaber von gutem Kakao, Schokolade und Kaffee.
Welche Reaktionen gab es auf Ihr Unterfangen? Haben sich auch Schokoladenhersteller geäußert?
In Ecuador, Kolumbien, Spanien und Monaco stießen wir auf ein riesiges Interesse. Natürlich auch in Deutschland. Aber für Südamerika ist es auch eine Chance, sich für andere Industriezweige interessant zu machen. Ich hoffe, dass wir noch viele Nachahmer finden, die auch nach Südamerika fliegen und sich vor Ort ein Bild machen und sich daraus dann gute Geschäftsbeziehungen ergeben. Wir fliegen im Januar nach einmal nach Bogota und Quito. Für uns war die Reise super erfolgreich. Große Schokoladenfirmen haben sich bei uns nicht gemeldet, werden sie wohl auch nicht machen. Auf dem Massenmarkt wird um jeden Cent gekämpft – da wird so schnell keine echte Einsicht Einzug halten und die Nachhaltigkeit wird wohl noch einige Zeit auf der Strecke bleiben.
Faire Schokolade: Kakaobauern profitieren
Wie haben Sie die Arbeitssituation der Kakaobauern vor Ort in Ecuador erlebt?
Wir haben uns nur um die kleinen Finkas und Familienbetriebe gekümmert. Hier habe ich nur glückliche Menschen angetroffen, die mit Herzblut auf den Plantagen arbeiten. Aber sie brauchen einfach mehr Geld für das Super-Produkt, das sie erzeugen. Es gibt nur den Weg der Besserung, mit mehr Geld, besser Schulbildung und Infrastruktur. Das alles ist nur möglich, wenn sie auch das Geld bekommen, was ihr Produkt wert ist. Aber unglücklich waren sie nicht mit ihrer Situation. Sicher, weil sie es auch nicht besser kennen. Sie würden schon gern investieren, wenn sie könnten. Da kommen wir ins Spiel. Wenn nur der Bauer und der Chocolatier die Verträge abschließen und sich auf Augenhöhe begegnen, dann weiß der Bauer, was er verdient und was er investieren kann.
Was waren die größte Herausforderung und das schönste Erlebnis unterwegs?
Die größte Herausforderung war die gesamte Planung und Logistik. Es sind viele Länder und eine lange Zeit und wir brauchten auch die Genehmigungen zum Drehen. Natürlich auch die Finanzierung des gesamten Projektes. Aber nun bin ich mir sicher, dass die Dokumentation ein Kracher und Erfolg wird, der vielen Menschen die Augen öffnet, aber auch die Schönheit der Länder zeigt und sie erkennen werden, dass es sich auch mal lohnt, hier Urlaub zu machen. Es gibt einfach so viel zu entdecken, auch im Tourismus steckt noch viel Potenzial. Wir haben sehr schönes Material über Land und Leute und den langen Weg der Schokolade. Das schönste Erlebnis bleibt die Herzlichkeit, Offenheit und das Interesse der Menschen, da können wir Deutsche uns eine große Scheibe abschneiden.
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Ihr 14-jähriger Sohn Marvin war dabei – was hat er von der Reise mitgenommen?
Für meinen Sohn war es eine geistige und sinnliche Bereicherung. Das kann man in der Schule nicht lernen und auch nicht aus Büchern. Zum Glück haben dies auch seine Lehrer erkannt und ihn für diese Zeit freigestellt. Für ihn ist es schon ein Augenöffner, dass es ein Glück ist in Deutschland geboren zu sein und so unbeschwert aufzuwachsen. Aber die Eindrücke und Freundschaften, die er geschlossen hat, werden ihn sein ganzes Leben begleiten und werden sein weiteres Tun beeinflussen. Natürlich schweißt so eine Reise auch das Vater-und-Sohn-Verhältnis noch einmal viel fester zusammen. Wann hat man schon einmal das Glück, so ein Abenteuer gemeinsam zu bestreiten. Dies werde ich nicht vergessen und bin sehr dankbar dafür. Ich hoffe nur, dass ich irgendwann noch einmal die Möglichkeit habe, so etwas gemeinsam mit meinem kleinen Sohn, der jetzt sieben Jahre alt ist, zu erleben.